Bei nasskaltem Novemberwetter wärmt heißer Tee den Körper und die Seele, weiß PTA Jan Sajfutdinow. Was man beachten muss, um auch die gesundheitsförderlichen Eigenschaften voll auszukosten, hat er im Folgenden zusammengefasst.

Abwarten und Tee trinken – Diesen Spruch kennen wir alle. Er suggeriert, dass wir Geduld aufbringen und uns entspannen sollen. So kann das bloße Herstellen des wässrigen Auszuges oder das über den Tag verteilte Trinken zu einer Art „Entspannungsübung“ werden, in dem bestimmte Sinne wie Geschmack und Geruch angeregt werden. Als Kur hilft es vielen Menschen, Angst oder andere belastende Emotionen zu mildern, obwohl es durch mangelnde Möglichkeiten der Verblindung (z.B. Geruch, Geschmack, Aussehen) und damit der Placebokontrolle kaum kontrollierte klinische Studien zur Wirksamkeit von Teedrogen gibt. Dennoch gibt es natürlich evidenzbasierte Grundlagen, die die Wirksamkeit einzelner Wirkstoffe zeigen. So regen Bitterstoffe den Appetit an, Gerbstoffe wirken entzündungshemmend und Thymol antibakteriell.

Historie

Einer Legende zufolge soll der chinesische Kaiser Shen Nung 2737 v.Chr. den „Tee“ durch Zufall entdeckt haben, als er unter einem ihm bisher unbekannten Teebaum Wasser erhitzte und Blätter hinein fielen. Das Wasser verfärbte sich leicht grün und ein angenehmer Duft stieg hinauf. Der Kaiser fühlte sich nach einer Kostprobe erfrischt und belebt.

Dass wir exotische bzw. asiatische „Tee´s“ heute in so vielen verschiedenen Sorten genießen können, verdanken wir der Niederländischen Ostindien-Kompanie. Anfang des 17. Jahrhunderts nahmen die Holländer den ersten Grüntee aus Japan und den ersten Schwarztee aus China mit der Produktbezeichnung „t´e“ (südchinesicher Amoy-Dialekt) in Java an Bord und brachten es auf dem Seeweg nach Holland, später auch nach England.

Was ist zu beachten?

Je nach enthaltenen Wirkstoffen und Anwendungsgebieten sollte man auf die richtige Zubereitung achten. Nicht jede Droge muss man mit siedendem Wasser aufgießen, 10 Minuten ziehen lassen oder unbegrenzte Zeit trinken. Auch wenn es auf den Umverpackungen anders steht, kann man sein pharmazeutisches Wissen einsetzen und den Kunden auf die therapiegerechte Einnahme und Anwendung hinweisen.

So sollten beispielsweise schleimstoffhaltige (Polysaccharide) Drogen nicht immer heiß angesetzt werden, da dadurch größtenteils ihre Struktur zerstört wird. Bestimmte antibakterielle Wirkstoffe wie das im Spitzwegerich enthaltene Aucubin oder das in den Bärentraubenblättern enthaltene Arbutin hingegen sind thermostabil. Letzteres sollte aber maximal 4-5 Wochen im ganzen Jahr eingesetzt werden, da sonst die Möglichkeit einer chronische Intoxikation besteht.

Leidet der Kunde an einer empfindlichen Magenschleimhaut, sollten stark gerbstoffhaltige Drogen kalt angesetzt werden, um möglichst wenig Gerbstoffe zu extrahieren. Auch auf eine Möglichkeit der Kumulation der Wirkstoffe sollte hingewiesen werden. Nicht selten kommt es vor, dass der Kunde zwei oder mehr stark gerbstoffhaltige Teedrogen wie z.B. Salbeiblätter und schwarzen Tee zum trinken kauft und in Gedanken denkt, dass diese „nicht schädlich“ sind, da es „keine Chemie“ ist. Beim gesunden Menschen und bei Normalgebrauch werden die erreichten Konzentrationen höchstwahrscheinlich keine Nebenwirkungen verursachen, doch sollte stets nach möglichen Grunderkrankungen gefragt werden, um alle Eventualitäten auszuschließen.

Erkältungszeit ist Teezeit

Um die volle Wirkung einzelner Teezubereitungen ausschöpfen zu können ist es wichtig zu wissen, welche Pflanze welche Anteile an verschiedenen Wirkstoffen enthält. Folgend sind ein paar wichtige Drogen aufgelistet, die sich v.a. in der Erkältungszeit großer Beliebtheit erfreuen.

Spitzwegerichkraut
Die arzneilich wirksamen Bestandteile des Krautes sind u.a. 2-6 % reizmildernde Polysaccharide, 6 % adstringierende sowie antiphlogistisch wirkende Gerbstoffe, 2-3 % antibakteriell wirkende Iridoidglykoside (Aucubin und Catalpol, Asperulosid und Globularin), sowie Flavonoide und Kaffeesäurenderivate.

Die Kommission E (selbstständige, wissenschaftliche Sachverständigenkommission für pflanzliche Arzneimittel) empfiehlt Spitzwegerichkraut innerlich bei Katarrhen der Atemwege und entzündliche Veränderungen der Mund- und Rachenschleimhaut sowie äußerlich bei Entzündungen der Haut. Nebenwirkungen, Kontraindikationen oder Interaktionen sind nicht bekannt.

Um erkältungsbedingten, produktiven Husten zu mildern, empfiehlt sich ein Kaltauszug über mehrere Stunden. Zum einen werden die Schleimstoffe geschont, zum anderen kann das enthaltene thermostabile Aucubin nur nach enzymatischer Spaltung seine antibakterielle Wirkung entfalten, das notwendige Enzym ist jedoch sehr theromlabil.
Hierzu werden 1 Esslöffel bzw. 3 g der Droge mit kaltem, zuvor abgekochtem Wasser angesetzt und mind. 8 Stunden bedeckt stehen gelassen. Um die Gefahr der Keimbesiedelung zu minimieren, empfiehlt sich anschließend ein kurzes erhitzen des Endproduktes. Je nach Temperatur und Dauer des Vorganges und Gehalt an Schleimstoffen in der Droge, wird die Viskosität des zuvor erhaltenen Produktes sinken. Hierbei muss man ein feines Händchen haben, um die gewollte Wirkung nicht nachteilig zu reduzieren.

Isländisch Moos
Die arzneilich wirksamen Bestandteile dieser Flechte sind u.a. ca. 50 % Polysaccharide (Lichenin – nur in heißem Wasser löslich, erstarrt beim Erkalten gallertartig; Isolichenin – nur in kaltem Wasser löslich), bitterschmeckende und antibakteriell wirksame Flechtensäuren (Cetrarsäure, Fumarprotocetrarsäure) sowie schwach antimikrobielle und antiphlogistische Usninsäure.

Die Kommission E empfiehlt Isländisch Moos äußerlich bei Schleimhautreizungen im Mund- und Rachenraum, trockenem Reizhusten sowie innerlich bei Appetitlosigkeit. Durch den hohen Gehalt an Schleimstoffen, kann man die Droge auch hervorragend bei Magen-Darm-Katarrhen anwenden. Nebenwirkungen, Kontraindikationen oder Interaktionen sind nicht bekannt.

Damit die Droge bei trockenem Reizhusten optimal wirken kann, sollte ein Kaltauszug über mehrere Stunden (6-8) hergestellt werden. Durch die Extraktion entsteht ein sirupartiger Extrakt, der sich bei Einnahme auf den Schleimhäuten als Filmschicht nieder legt, sehr bitter schmeckt und antibakteriell wirkt. Eingesetzt wird dieser Extrakt auch bei Appetitlosigkeit. Wem der Geschmack zu bitter ist, kann das Moos auch heiß ansetzen. Hierbei verwendet man 1 Esslöffel der Droge auf 1-2 Tassen Wasser und lässt die Mischung 10 Minuten ziehen. Dabei gehen die Flechtensäuren zuerst in Lösung. Den erhaltenen Extrakt gießt man weg und gibt erneut siedendes Wasser hinzu. Nachdem das Wasser abgegossen wurde und der zweite, stark schleimhaltige Ansatz benutzt wird, ist der Auszug zwar weniger bitter, man muss aber auch in Kauf nehmen, dass er weniger antibakteriell wirkt.

Thymiankraut
Die arzneilich wirksamen Bestandteile sind u.a. je nach Herkunft mind. 1,2 % ätherisches Öl (0,9-75 % Thymol, 1,5-83 % Carvacrol), welches bronchospasmolytisch, analgetisch, antibakteriell und expektorierend wirkt sowie adstringierende und antiphlogistisch wirkende Lamiaceen-Gerbstoffe (Rosmarinsäure, Hydroxyzimtsäuren) und Flavonoide (Thymonin, 8-Methoxycirsilineol), welche essentiell für die antivirale Wirkung verantwortlich sind.

Die Kommission E empfiehlt das Kraut innerlich bei Symptomen der Bronchitis, Keuchhusten und Katarrhen der oberen Atemwege. Insbesondere durch die umfangreiche antibakterielle Wirkung des Thymols (Phenolfaktor 20/ 20-mal stärker keimhemmend als Phenol), kann man es auch hervorragend als Spülung bei Entzündungen der Mundschleimhaut einsetzen. Nebenwirkungen können bei Überdosierung und regelmäßiger, übertriebener Anwendung Reizungen des Magen-Darm-Traktes sein, Kontraindikationen oder Interaktionen sind nicht bekannt. Es werden lediglich Kreuzallergien diskutiert, welche aber durch das BfArM als nichtig eingestuft wurden, da nur seltene Einzelfallberichte vorliegen.

Um die volle Wirkung ausschöpfen zu können, reicht ein einfacher Aufguss mit siedendem Wasser. Hierzu wird ein Teelöffel oder 1-2 g der geschnittenen Droge auf 1 Tasse mehrmals täglich verwendet.

Salbeiblätter
Die arzneilich wirksamen Bestandteile der Blätter sind u.a. 1,5-2,5 % ätherisches Öl (35-60 % virustatisches α- und β- Thujon, 15 % schwach antibakterielles 1,8-Cineol, Campher), adstringierende sowie antiphlogistisch wirkende Lamiaceen-Gerbstoffe (Rosmarinsäure), appetitanregende Diterpen-Bitterstoffe (Carnosol, Bitterwert mind. 1000) sowie Steroide und antioxidativ wirkende Flavonoide.

Die Kommission E empfiehlt Salbeiblätter äußerlich bei Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut, dyspeptische Beschwerden sowie vermehrter Schweißproduktion. Durch seine virustatische Wirkung (HSV-1, HSV-2) eignet sich Salbei auch zur Behandlung des Herpes-Simplex-Virus (experimentell nachgewiesen). Nebenwirkungen sind bei wässrigen Auszügen nicht zu erwarten, da der Thojon-Gehalt nur in Spuren vorhanden ist. Bei Überdosierung oder Dauergebrauch alkoholischer Extrakte sowie des reinen ätherischen Öles können jedoch Nierenreizungen und Krämpfe auftreten.

Zur äußerlichen Anwendung wird die geschnittene Droge mit heißem Wasser übergossen und 10 min. ziehen gelassen. Wer Salbeitee trinken möchte, sollte die maximale Tagesdosis von 4-6 g Salbei nicht überschreiten. Auch längeres ziehen lassen ist nicht vorteilhaft, da sonst vermehrt Thujon extrahiert wird.

Was ihr als PTA wissen solltet

  • Den chronischen Bedarf an Arzneitees kritisch hinterfragen
  • Hinweise auf enthaltene Wirkstoffe und der Kumulation mit anderen Teedrogen hinweisen (Gerbstoffe)
  • Polysaccharidhaltige Drogen nicht zwangsläufig heiß zubereiten
  • Kaltauszüge stets kurz erhitzen um mögliche Keime zu reduzieren
  • Resistenzentwicklung durch „pflanzliche Antibiotika“ bisher nicht bekannt
  • Bei bakterieller Infektion (Eiter, grünlicher Schleim), Fieber, usw. sollte ein Arzt aufgesucht werden

Quellen

  • Leitfaden Phytotherapie (Urban u. Fischer) 4. Auflage S. 305 f., S. 170 f., S. 324 f., S. 283 f.
  • Rationale Phytotherapie (Springer) 5. Auflage S, 30 ff., S. 39 ff.
  • Botanik und Drogenkunde (DAV) 8. Auflage S. 114. f., S. 151 f., S. 188
  • Nutze die heilkräftigen Pflanzen (Saatkorn-Verlag-Hamburg) 3. Auflage S. 262 f., S. 132 f., S 274 f., S. 236 f.