Augeninnendruck und Glaukom: Beratung in der Apotheke
Glaukom – auch Grüner Star – ist ein Sammelbegriff für verschiedene Schädigungen des Sehnerves. Erst im fortgeschrittenen Stadium treten Symptome wie Gesichtsfeldausfälle auf. Die Therapie erfolgt zumeist mit Augentropfen, die den Augeninnendruck senken. Wichtig ist eine fachkundige Beratung, da die Therapieadhärenz ansonsten schlecht ist. Die nötigen Infos dazu findet ihr im Folgenden.
Glaukom: Was ist das?
Das Glaukom ist auch als Grüner Star bekannt. Die Bezeichnung fasst verschiedene Sehnervenschäden zusammen. Durch den Verlust von Nervenzellen kommt es zu den Gesichtsfeldausfällen, die das Leitsymptom des Glaukoms sind. Es handelt sich um eine chronisch voranschreitende Erkrankung, die ohne geeignete Behandlung zur Erblindung führt.
Grüner Star ist die zweithäufigste Erblindungsursache[1][2]. Mindestens eine Million Deutsche sind betroffen, Männer etwas häufiger als Frauen.[1][2][3]Die Erkrankungswahrscheinlichkeit steigt ab einem Alter von vierzig Jahren an. Eine von zehn Personen über achtzig ist in Deutschland betroffen.
Glaukom-Symptome: Wie äußert sich Grüner Star?
Die Erkrankung verläuft zu Beginn symptomlos. Typischerweise entstehen später blinde Flecken, zunächst vor allem am Rand des Gesichtsfelds. Ein Simulator der American Academy of Ophthalmology zeigt, wie sich das Sehvermögen von Betroffenen verändert.
Wenn Symptome auftreten, sind bereits irreversible Schädigungen eingetreten. Da sich die Beschwerden jedoch erst im fortgeschrittenen Stadium entwickeln, ist die Compliance zu Beginn der Erkrankung schlecht.
Neben dem chronisch voranschreitenden Glaukom gibt es auch den Glaukomanfall oder akuten Winkelblock. Er kann sich durch starke einseitige Kopf- und Augenschmerzen, Sehstörungen, Übelkeit und Erbrechen äußern. Das Auge ist gerötet, der Augapfel hart. Hier liegt ein medizinischer Notfall vor. Ohne sofortige Behandlung besteht akute Erblindungsgefahr.
Glaukom: Ursachen der Sehnervenschädigung
Mehr als neun von zehn Betroffenen in Mitteleuropa[1] leiden unter einem Offenwinkelglaukom: Das Kammerwasser kann nicht gut aus den Augenkammern abfließen. Beim primären Offenwinkelglaukom ist die zugrundeliegende Ursache nicht feststellbar. Die sekundäre Form kann beispielsweise durch eine Kortisontherapie entstehen.
Oxidativer Stress wird ebenfalls als mögliche Ursache des Offenwinkelglaukoms diskutiert.[1] Liegt ein Pseudoexfoliatons-Syndrom (PEX-Syndrom) vor, verhindern Proteinablagerungen, dass das Kammerwasser abfließen kann. Das seltene Pigmentdispersonsglaukom hat Pigmentablagerungen als Ursache, die den Abfluss des Kammerwassers verhindern.
Das Normaldruckglaukom entsteht durch Durchblutungsstörungen, verringerten Liquordruck[4] oder eventuell autoimmunologische Prozesse.[1][5] Diese Form des Grünen Stars liegt etwa bei einem Drittel der mitteleuropäischen Betroffenen vor.[2] Ein Risikofaktor für seine Entstehung sind nächtliche Blutdruckabfälle.[1][2]
Ein Engwinkelglaukom bzw. Winkelblockglaukom entsteht, wenn die vordere Augenkammer so flach ist, dass das Kammerwasser nicht abfließen kann. Auch hier gibt es eine primäre Form mit unbekannter Ursache und eine sekundäre, die beispielsweise durch Diabetes verursacht werden kann. Die Einnahme von Parasympatholytika und Sympathomimetika kann bei entsprechender Veranlagung das Erkrankungsrisiko erhöhen.[1]
Sehr selten liegt ein angeborenes Glaukom vor. Es tritt bereits bei der Geburt oder in den ersten Lebenswochen auf.
Dem akuten Winkelblock liegt eine plötzliche Veränderung des Kammerwinkels zugrunde. Dadurch steigt der Augeninnendruck in kürzester Zeit stark an.
Verschiedene Risikofaktoren für die Entstehung eines Glaukoms sind bekannt:
- erhöhter Augeninnendruck: Dieser führt jedoch nicht automatisch zu einem Glaukom und nicht bei allen Betroffenen ist der intraokulare Druck erhöht.
- Kortison-Therapien: Das sogenannte Steroidglaukom kann durch eine lokale oder systemische Kortisontherapie ausgelöst werden. Inhalativ aufgenommene Glukokortikoide erhöhen das Erkrankungsrisiko nur in hohen Dosen, nasal verabreichte nach aktuellem Wissensstand gar nicht. Wird der Wirkstoff abgesetzt, sinkt der Augeninnendruck in der Regel wieder ab. Negative Auswirkungen werden vor allem bei Personen beobachtet, die bereits unter einem Offenwinkelglaukom leiden, sowie durch Dexamethason.[1]
- familiäre Veranlagung
- starke Kurzsichtigkeit mit mehr als vier Dioptrien
- hohes Lebensalter: Ab vierzig Jahren steigt das Erkrankungsrisiko.
Weitere mögliche Risikofaktoren werden diskutiert, sind aber bis jetzt nicht in die Leitlinie aufgenommen worden. Dazu gehören Bluthochdruck, Übergewicht und Schlafapnoe.[6]
Gemeinhin wird Personen ab vierzig ein regelmäßiges Screening empfohlen. Dessen Nutzen ist jedoch umstritten.[7]
Glaukom-Behandlung: Wie behandelt man Grünen Star?
Da die Sehnervenschäden irreversibel sind, ist das Glaukom nicht heilbar. Umso wichtiger ist es, Schädigungen durch einen rechtzeitigen Therapiebeginn zu vermeiden bzw. hinauszuzögern. Die Behandlung von Grünem Star erfolgt – auch beim Normaldruckglaukom – durch eine medikamentöse Senkung des intraokularen Drucks. Der jeweilige Zieldruck wird dabei individuell vom behandelnden Arzt festgelegt. Er ist beispielsweise abhängig vom Stadium der Erkrankung.
Die Behandlung eines Glaukoms beginnt zumeist mit lokalen Prostaglandin-Analoga, die den Abfluss des Kammerwassers verbessern. Sie sind am stärksten wirksam.[2] Die Augentropfen werden einmal täglich am Abend angewendet. Mögliche Nebenwirkungen sind eine Veränderung der Augenfarbe, vermehrtes Wimpernwachstum, Verfärbungen der Haut um das Auge herum, Jucken und Brennen. Kontraindikationen können je nach Wirkstoff beispielsweise Leber-, Nieren-, Herz-, Lungenerkrankungen, Schwangerschaft, Stillzeit, Hornhautschäden sowie andere Augenprobleme sein.
Lokale Betablocker werden in der Regel zweimal täglich angewandt. Für Glaukom-Patienten mit Asthma sind sie nicht gut geeignet, auch wegen möglicher Wechselwirkungen mit Asthma-Medikamenten.[8][9]Zu den möglichen Nebenwirkungen gehören Augentrockenheit, Fremdkörpergefühl, Augenschmerzen und Sehstörungen. Ansonsten sind die Neben- und Wechselwirkungen ähnlich wie bei der oralen Einnahme von Betablockern, wenn auch weniger stark ausgeprägt.[10]
Lokal eingesetzte Alpha-2-Agonisten (auch: α2-adrenerge Agonisten) sorgen dafür, dass weniger Kammerwasser produziert wird und es besser abfließen kann. Die Anwendung erfolgt zwei- bis dreimal täglich. Bis zu einer von drei Anwendern klagt über lokale Nebenwirkungen.[1][2]Bei Kindern kann es zu sehr schweren Nebenwirkungen kommen. Daher sind Alpha-2-Agonisten nicht für die Behandlung von Betroffenen unter zwölf Jahren geeignet.[2] Zudem gibt es viele mögliche Interaktionen mit anderen Medikamenten.
Topische Carboanhydrasehemmer verringern ebenfalls die Produktion von Kammerwasser. Von den genannten Therapieoptionen haben sie die schwächste Wirkung.
Ist eine lokale Therapie mit einem Wirkstoff nicht ausreichend wirksam, können Kombinationspräparate oder systemische Carboanhydrasehemmer zum Einsatz kommen. Bei der Kombination verschiedener Wirkstoffe sind mögliche Wechsel- sowie verstärkte Nebenwirkungen zu beachten. Einen Überblick über die verfügbaren Medikamente zur Glaukom-Behandlung bietet diese Tabelle.
Nach dem Tropfen sollten Anwender die Augen kurz geschlossen halten.[2]Um Neben- und Wechselwirkungen zu vermindern, ist es ratsam, nach der Anwendung lokaler Präparate den Augeninnenwinkel vorsichtig zuzudrücken.[1][10]Bei Augentropfen ohne Konservierungsmittel treten weniger Nebenwirkungen auf. Tränenersatzmittel können Beschwerden wie trockene Augen lindern.
Die medikamentöse Glaukom-Therapie beginnt idealerweise direkt nach der Diagnose. Hat der Betroffene zu diesem Zeitpunkt noch keine Sehstörungen, ist die Motivation dazu gering. Das gilt insbesondere, wenn Nebenwirkungen auftreten. Doch nur ein rechtzeitiger Behandlungsbeginn und vor allem eine regelmäßige Anwendung des oder der Medikamente können dauerhafte Schäden bis hin zur Erblindung verhindern. Das sollte in der Apothekenberatung zum Glaukom immer wieder zur Sprache kommen. Diese Patientenbroschüre hilft bei der Aufklärung.
Die Behandlung eines Winkelblocks erfolgt lokal oder systemisch mit augeninnendrucksenkenden Präparaten. Gegebenenfalls ist eine Lasertherapie notwendig.
Laserbehandlungen und Operationen stehen auch als zusätzliche Therapieoptionen beim Glaukom zur Verfügung.
Kompakt-Wissen für PTA:
- Glaukom ist ein Sammelbegriff für Sehnervenschäden.
- Zu Beginn verläuft die Erkrankung symptomlos. Erst im fortgeschrittenen Stadium treten Gesichtsfeldeinschränkungen auf.
- Ein erhöhter Augeninnendruck kann, muss aber nicht zur Entstehung eines Glaukoms führen. Zudem haben nicht alle Betroffene einen erhöhten intraokularen Druck.
- Der akute Winkelblock ist ein medizinischer Notfall und kann bei Nichtbehandlung innerhalb von Stunden zur Erblindung führen.
- Die Behandlung erfolgt mit lokal oder systemisch eingesetzten Medikamenten, die den Augeninnendruck senken.
- Die Therapieadhärenz bei symptomfreien Betroffenen ist schlecht. Diese Patientenbroschüre hilft, Hintergrundwissen zu vermitteln.
Quellenangabe
[1] Sehnervenschäden aufhalten | PZ – Pharmazeutische Zeitung (pharmazeutische-zeitung.de)
[2] The Diagnosis and Treatment of Glaucoma (27.03.2020) (aerzteblatt.de)
[3] Leitlinie von BVA und DOG (awmf.org)
[4] David Fleischman, R. Rand Allingham, The role of cerebrospinal fluid pressure in glaucoma and other ophthalmic diseases: A review, Saudi Journal of Ophthalmology, Volume 27, Issue 2, 2013, Pages 97-106, ISSN 1319-4534, https://doi.org/10.1016/j.sjopt.2013.03.002.
[5] Ophthalmologie: Wie das Normaldruckglaukom entsteht (aerzteblatt.de)
[6] Schlafapnoe erhöht Risiko für ein Glaukom (aerztezeitung.de)
[7] Grüner Star: Von Glaukom-Früherkennung profitieren nur sehr wenige | Stiftung Warentest
[8] Vorsicht bei Augentropfen mit Betablockern (pharmazeutische-zeitung.de)
[9] Riskante Wechselwirkung: Betablocker-Augentropfen und Asthmamittel (apothekerkammer-niedersachsen.de)
[10] Medikamente im Test: Betablocker: Betaxolol, Levobunolol und Timolol (Augentropfen) | Stiftung Warentest