Gicht ist eine Stoffwechselstörung, die vor allem mit Gelenkentzündungen einhergeht. Sie verläuft chronisch mit akuten Schüben. Für die langfristige Therapie stehen Urikostatika und Urikosurika zur Verfügung. In diesem dritten und letzten Teil unserer Serie über Erkrankungen des Bewegungsapparates erfahrt ihr alles Wissenswerte über die Apothekenberatung von Gichtbetroffenen.

Einführung: Was ist Gicht?

Die Stoffwechselstörung Gicht betrifft den Purinstoffwechsel. In der Folge ist die Harnsäurekonzentration im Blut zu hoch. Das führt zur Ablagerung von Harnsäurekristallen vor allem in Gelenken, die vom Körperstamm entfernt liegen. Dadurch entstehen akute Gelenkentzündungen, die sogenannte Arthritis urica. Doch auch Organe können betroffen sein. Ohne Behandlung kann Gicht also zu Organschäden führen. Sofern sie rechtzeitig beginnt, ist die Therapie jedoch erfolgversprechend, auch wenn Gicht nicht heilbar ist.

Es handelt sich um eine chronische Erkrankung, es treten aber auch akute Schübe auf. Mindestens einer von hundert erwachsenen Menschen[1][2][3][4] ist betroffen; Männer neunmal häufiger als Frauen[5], die, wenn überhaupt, meist erst nach den Wechseljahren erkranken. Gicht ist vor allem in den Industrienationen auf dem Vormarsch. Sie wird als Zivilisationskrankheit angesehen, da die Ernährung und der Lebensstil eine Rolle spielen, wie wir später noch sehen werden.

Symptome: Wo bekommt man Gicht und wie äußert sie sich?

Gicht wird in vier Stadien eingeteilt:

  • Zu Beginn einer Gichterkrankung ist der Harnsäurespiegel im Blut bereits erhöht und es kann Nierengries auftreten. Die Betroffenen sind jedoch noch asymptomatisch.
  • Im weiteren Verlauf kommt es zu akuten Gichtanfällen.
  • An einen Anfall schließt sich die interkritische Phase an, in der die Betroffenen wieder symptomfrei sind. Der Harnsäurespiegel ist jedoch weiterhin erhöht.
    Zwischen zwei Anfällen können sogar mehrere Jahre liegen. Je weiter die Erkrankung fortschreitet, desto kürzer sind die Pausen.
  • Im chronisch-tophösen Stadium sind die Ablagerungen von Harnsäurekristallen zahlreich. Gichtknoten, sogenannte Tophi, treten an den Ohren und unter der Haut auf. Auch in den Knorpeln und inneren Organen können Ablagerungen zu finden sein. Die betroffenen Gelenke sind schmerzhaft und können Verformungen aufweisen.

Akute Gichtanfälle beginnen nachts oder in den frühen Morgenstunden. Sie gehen mit starken Schmerzen im betroffenen Gelenk einher, das zudem heiß und gerötet ist. Auch die Umgebung des Gelenks kann entzündet sein. Am häufigsten betroffen ist das Großzehengrundgelenk.
Zusätzlich können leichtes Fieber, ein allgemeines Krankheitsgefühl, Schwäche, Übelkeit, Erbrechen, Herzrasen und Kopfschmerzen auftreten. Ein solcher Anfall kann mehrere Tage dauern. Danach schält sich eventuell die Haut an den in Mitleidenschaft gezogenen Stellen leicht.

Von Gelenkgicht ist die Rede, wenn die Ablagerungen der Harnsäurekristalle sich in den Gelenken befinden. Im Fall von Viszeralgicht sind Organe wie die Nieren betroffen. Zu den möglichen Komplikationen einer Gichterkrankung gehören daher Nierensteine und Schäden der Nieren bis hin zum Nierenversagen. Auch andere Organe wie das Herz und die Augen können betroffen sein. Die Diagnose erfolgt anhand von Anamnese, Blutuntersuchungen und bildgebenden Verfahren.

Ursachen: Wo kommt Gicht her?

In neun von zehn Fällen liegt eine sogenannte primäre Gicht vor[6]. Zugrunde liegt dann meist eine angeborene Störung der Harnsäureausscheidung über die Nieren. In seltenen Fällen produziert der Organismus aufgrund eines Gendefekts zu viel Harnsäure.

Die sekundäre Gicht ist erworben. Hier sorgen andere Erkrankungen dafür, dass zu viel Harnsäure im Blut kursiert, beispielsweise Schuppenflechte, Leukämie, Tumoren, Nierenerkrankungen oder Diabetes.

Den Ausbruch primärer Gicht fördern einige Risikofaktoren. Besonders wichtig ist dabei die Aufnahme von zu großen Mengen Purinen mit der Nahrung, vor allem mit Fleisch und Innereien. Doch auch unser Körper produziert Purine, nämlich beim Zellabbau. Harnsäure entsteht bei der Verarbeitung von Purinen.

Weitere Risikofaktoren sind Übergewicht, ein erhöhter Alkoholkonsum, der Verzehr von zu viel Fruchtzucker, Diabetes, Bewegungsmangel sowie die Einnahme bestimmter Medikamente wie etwa Diuretika. Auslöser, die bei primärer Gicht zu einem akuten Anfall führen können, sind beispielsweise der einmalige Verzehr großer Mengen Purine, Alkoholkonsum, körperliche Überanstrengung oder Unterkühlung. Auch strenge Diäten können einen Anstieg des Harnsäurespiegels und damit einen Gichtanfall zur Folge haben.

Therapie: Wie kann man Gicht behandeln?

Eine wichtige Grundlage ist die Verbesserung der Ernährungs- und Lebensgewohnheiten der Betroffenen. Sie sollten Eiweiß, Zucker und Alkohol meiden, viel trinken und eventuell vorhandenes Übergewicht langsam reduzieren.

Bei einem akuten Gichtanfall können Betroffene das Gelenk ruhigstellen, hochlagern und mit kalten feuchten Umschlägen umwickeln. Die medikamentöse Therapie erfolgt über mehrere Tage bis Wochen mit NSAR, Glukokortikoiden und gegebenenfalls Colchicin. Ist das aufgrund von Unverträglichkeiten oder Nebenwirkungen nicht möglich, wird Canakinumab eingesetzt. ASS ist bei Gicht nicht Mittel der Wahl, da es einen Anstieg des Harnsäurespiegels verursachen kann. Colchicin wird nicht mehr oft eingesetzt, da es zu Nebenwirkungen wie Durchfall und Erbrechen führen kann. Außerdem können bis zum Eintritt der Wirkung bis zu 24 Stunden vergehen.[7]

Eine Dauerbehandlung von Gicht muss nicht unbedingt schon nach dem ersten Anfall erfolgen. Das Behandlungsziel ist, den Harnsäurespiegel konstant unter 6 mg/dl zu halten. Im ersten halben Jahr nehmen Betroffene niedrigdosierte NSAR sowie gegebenenfalls Colchizin.

Zudem wird eine Behandlung mit Xanthinoxidasehemmern, also Urikostatika, begonnen. Dabei gilt es zu beachten, dass der Wirkstoff Febuxostat die Sterblichkeit im Vergleich zu Allopurinol geringfügig erhöht.[8] Statt Urikostatika können auch Urikosurika oder beides gleichzeitig eingesetzt werden. Bei Therapieresistenz kombiniert man einen Xanthinoxidasehemmer mit Lesinurad. Regelmäßige Kontrollen durch die behandelnde Ärztin oder den Arzt sind sehr wichtig.

Zu Beginn der Behandlung kann das Anfallrisiko steigen, weil Harnsäurekristalle nach und nach abgebaut werden und kleine Teilchen in Gelenke gelangen können. Deshalb ist auch die begleitende Behandlung mit Colchicin während des ersten halben Jahrs denkbar. Die Urikosurika-Therapie sollte mit kleinen Dosen beginnen, um die Anfallgefahr zu verringern. Die tägliche Trinkmenge muss mindestens zwei Liter betragen. (Wichtig: Als „Flüssigkeit“ gelten nur Wasser und ungesüßter Kräutertee!) Die Einnahme der Dauermedikation erfolgt über mindestens fünf Jahre. Falls sich bereits Tophi gebildet haben, beginnt die Fünfjahresfrist erst nach Auflösung aller Tophi. Ergänzend kann zur Gichtbehandlung auch Physiotherapie eingesetzt werden. Gegebenenfalls sind operative Eingriffe aufgrund von Gelenkschäden oder Knötchen nötig.

Kompaktwissen für PTAs:

  • Gicht ist eine chronische Störung des Purinstoffwechsels.
  • Akute Gichtanfälle gehen mit Schmerzen und lokalen sowie systemischen Entzündungssymptomen einher.
  • Ein akuter Anfall wird mit NSAR, Glukokortikoiden und eventuell Colchicin behandelt.
  • Zur dauerhaften Gichttherapie werden Urikostatika und/oder Urikosurika eingesetzt.

 

Quellenangabe

[1] Pschyrembel Online | Gicht

[2] Gicht: Ursachen, Symptome, Behandlung – NetDoktor

[3] Gicht | Gesundheitsinformation.de

[4] Treatment Options for Gout (31.03.2017) (aerzteblatt.de)

[5] Pschyrembel Online | Gicht

[6] Pschyrembel Online | Gicht

[7] Akuter Gichtanfall: Schmerzbehandlung | Gesundheitsinformation.de

[8] Febuxostat: US-Warnung zu Gichtmittel | PZ – Pharmazeutische Zeitung (pharmazeutische-zeitung.de)