Was ist Vitamin D?

Vitamin D ist ein Überbegriff für verschiedene Seco-Steroide mit biologisch aktiver Wirkung. Da Vitamine vom Körper nicht selbst synthetisiert werden können, Vitamin D hingegen durch Sonneneinstrahlung auf der Haut selbst produziert werden kann, ist die Klassifizierung als Vitamin umstritten.

Entdeckung des Vitamin D

Im Jahre 1919 heilte der britische Arzt Sir Edward Mellanby junge Hunde, die an Rachitis erkrankten (Erkrankung des wachsenden Knochens mit gestörter Mineralisation), mit Fischleberöl. Er ging davon aus, dass das vor kurzem im Fischleberöl identifiziert Vitamin A der Heilsbringer war und vermutete Ernährungsmangel als Ursache der Rachitis. Er fütterte die Hunde ausschließlich mit Hafer und ließ sie während des gesamtes Experimentes im Haus halten, wodurch letztendlich Rachitis ausgelöst wurde. 1922 erbrachte dann der US-amerikanische Biochemiker Elmer McCollum den Nachweis, dass im Fischlebertran ein Wirkstoff enthalten sein muss, der eine antirachitische Wirkung besitzt und für den Knochenstoffwechsel von größter Bedeutung sein muss. Er begann damit, Fischleberöl zu erhitzen und zu begasen, wodurch Vitamin A zerstört wurde. Übrig blieb ein Stoff, der dennoch Rachitis heilen konnte. Er hielt sich an die alphabetische Reihenfolge der entdeckten und benannten Vitamine B und C und benannte seine Entdeckung „Vitamin D“. 1932 entdeckten der deutsche Chemiker Adolf Windaus und weitere Wissenschaftler die Struktur von Vitamin D2 (Ergocalciferol), welches in Pflanzen vorkommt. 1936 legte Adolf Windaus mit der Struktur von Vitamin D3 (Cholecalciferol) nach, welches in tierischen Produkten enthalten ist und vom Menschen besser verwertet werden kann.

Problem Vitamin-D3-Mangel

Es gibt zahlreiche repräsentative Studien mit hoher Evidenz die belegen, dass der Vitamin-D-Mangel zum großen Problem werden kann. Eine aktuelle Auswertung von 14 Studien mit über 55.800 Menschen in Europa konnte zeigen, dass ca. 84 % der Probanden einen moderaten Mangel (< 30 ng/ml) an Vitamin D aufwiesen, über 40 % der Probanden hatten sogar einen manifesten Vitamin D-Mangel (< 20 ng/ml), und zwar völlig unabhängig vom Alter, Ethnie und Wohnort. In Deutschland reicht von Oktober bis April die Intensität des Sonnenlichtes nicht aus (UV-Index < 3), um genügend Vitamin D zu produzieren. Fehlt es an Vitamin D, entstehen zahlreiche Risiken. Eines davon ist Hypertonie, da Vitamin D einen direkten Einfluss auf das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) besitzt, welches unter anderem den Volumenhaushalt und Blutdruck des Körpers steuert. So steigen bei einem massiven Vitamin-D-Mangel die Konzentrationen von Renin (hormonähnliches Enzym, wichtig für die Produktion von Angiotensin II) und Angiotensin II (Hormon mit gefäßverengender Wirkung; führt zum Anstieg des Blutdrucks) im Regelkreislauf an. Personen mit einem Vitamin-D-Mangel besitzen ein 3,2-fach höheres Risiko eine Hypertonie zu entwickeln als Menschen mit einem guten Vitamin-D-Status. Auch Asthmaanfälle werden durch zu wenig Vitamin D begünstigt. So konnte in einer Zusammenfassung von sieben placebokontrollierten Studien mit 435 Kindern und zwei placebokontrollierten Studien mit 658 erwachsenen Asthmatikern beobachtet werden, dass Patienten mit oralen Steroiden weniger Asthmaanfälle erlitten, sobald ihnen Vitamin D substituiert wurde.

Vitamin D3 und Magnesium

Tatsächlich ist die Frage, ob es einen Zusammenhang zwischen Magnesium und Vitamin D gibt, gar nicht so einfach zu beantworten. Es gibt nicht viele klinische Studien und aussagekräftige Untersuchungen darüber, ob Magnesium direkt die Wirkung des Cholecalciferols positiv beeinflusst bzw. verstärkt. Dennoch geht die Evidenz in die Richtung, dass sich beide Stoffe sinnvoll ergänzen. In Tierversuchen wurden die Probanden magnesiumarm ernährt, was wiederum den Vitamin-D-Stoffwechsel massiv beeinflusste. Experten raten inzwischen zur Kombination beider Mittel. Allein schon deswegen, weil beide Stoffe bei Patienten mit z.B. Diabetes, arterieller Hypertonie und Herz-Kreislauf-Erkrankungen einen sehr häufigen Defizit aufweisen, der über die normale Ernährung oder Lebensweise nicht gedeckt werden kann.

Befasst man sich aber mit der körpereigenen Synthese des Vitamin D, so findet man während der Umwandlungsphase vom unwirksamen 25-OH-Vitamin-D3 (Calcidiol) in das wirksame 1,25-(OH)2-Vitamin-D3 (Calcitriol) u.a. Magnesium. So kann man theoretisch davon ausgehen, dass bestimmte Patientengruppen, die einen massiven Magnesiummangel haben, Probleme bei der Umwandlung des Vitamin D3 besitzen.

Dosierungsempfehlung

1 µg Cholecalciferol entspricht 40 IE (Internationale Einheiten). Für Vitamin D bestehen drei Faustregeln. Der tägliche Bedarf liegt bei etwa 40-60 IE Vitamin D/Tag/kg Körpergewicht. Ein Mensch mit 75 kg benötigt also etwa 3750 IE Vitamin-D pro Tag. Die tägliche Zufuhr von 1000 IE Vitamin-D erhöht den 25(OH)D-Spiegel im Serum um etwa 10 ng/ml (25 nmol/L). Eine Überdosierung bzw. Intoxikation sollte bei dieser Dosierung ausgeschlossen sein.
Ein Mensch mit heller Hautfarbe kann täglich etwa 15.000-20.000 IE Vitamin-D selbst produzieren, vorausgesetzt, er setzt sich den ganzen Tag der Sonne aus.
Um einen manifesten Mangel auszugleichen, bedarf es aber ca. 2000-4000 IE Vitamin-D pro Tag, um schnellstmöglich auf ein normales 25(OH)D-Level zu kommen.

Einmalige Hochdosisgaben von 20.000-40.000 IE Vitamin-D pro Tag bzw. Woche, die über einen kurzen Zeitraum gegeben werden, werden inzwischen sehr kritisch gesehen. In einigen Untersuchungen konnte u.a. gezeigt werden, dass dadurch die Infektanfälligkeit, Erkrankungszeit, Sturzgefahr, Osteoporose-Risiko, Nierensteine und Morbidität steigt. Deshalb sollten bevorzugt niedrigere Dosen zum Abendessen (2000-4000 IE/d) eingenommen werden.

Der tägliche Magnesiumbedarf liegt bei etwa 400 mg, die tägliche Zufuhr bei durchschnittlich 200-300 mg. Oft essen alte Menschen weniger, somit sollten diese ihre tägliche Magnesium-Zufuhr im Auge behalten und 1-2x tgl. 150-300 mg Magnesium einnehmen.

25(OH)D-Spiegel im Serum

  • < 20 ng/ml (< 50 nmol/L): Mangel
  • < 30 ng/ml (< 75 nmol/L): Moderater Mangel, Insuffizienz
  • 30-100 ng/ml (75-250 nmol/L): Normale Versorgung
  • 30-60 ng/ml (100-150 nmol/L): Optimale Versorgung
  • > 100 ng/ml (> 250 nmol/L): Zu hoch

Was ihr als PTA wissen solltet

  • Ca. 80 % der Deutschen leiden unter Vitamin-D-Mangel
  • Alte und multimorbide Patienten benötigen in der Regel eine ganzjährige Vitamin-D-Substitution
  • Vitamin-D-Mangel begünstigt u.a. Hypertonie und Asthma
  • Vitamin-D senkt Blutdruck, stärkt Herzmuskelkraft, wirkt antientzündlich, verringert Asthmaanfälle
  • Magnesium sollte mit Vitamin-D kombiniert werden
  • Der tägliche Vitamin-D-Bedarf liegt bei 40-60 IE/d/kg, Magnesium 400 mg/d
  • Hohe Dosen Vitamin-D fördern massive Risiken

Quellen

  • Vitamin-Lexikon (GustavFischer) 2. Auflage 3.12.1 – 3.12.8.1
  • Arzneimittel als Mikronährstoff-Räuber (Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft) 1. Auflage S. 24-27
  • Gröber Mikronährstoffe (Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft) 3. Auflage S. 134-141
  • Duale Reihe Pharmakologie und Toxikologie (Thieme) 2. Auflage S. 436-437
  • Mutschler Arzneimittelwirkungen (Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft) 9. Auflage S. 771-774
  • Cochrane-Review (online)
  • Artikel Ärztezeitung (PDF)
  • Artikel DAZ (online)