Schätzungsweise jedes zehnte Kind in Deutschland leidet unter atopischer Dermatitis – besser bekannt als Neurodermitis. Auch bis zu fünf Prozent der Erwachsenen sind betroffen.[1] Meist stecken Allergien dahinter. Betroffene Hautstellen sind sehr trocken, neigen zu Schuppenbildung, Rötungen und jucken stark. Verschiedene Faktoren wie das Wetter, ungeeignete Hautpflege und Kleidung können die Beschwerden auslösen oder verstärken. Wie behandelt man Neurodermitis und welche Tipps könnt ihr Betroffenen mit auf den Weg geben?

Was ist Neurodermitis?

Wie allergisches Asthma und Heuschnupfen ist auch Neurodermitis eine atopische Erkrankung. Früher ging man vor allem von nervlichen Ursachen aus, daher rührt die Bezeichnung Neurodermitis. Fachleute sprechen inzwischen lieber von atopischer Dermatitis oder atopischem Ekzem. Dabei handelt es sich um eine chronische entzündliche Hauterkrankung. Die Barrierefunktion der Haut von Betroffenen ist gestört. Das Immunsystem reagiert übertrieben stark auf eigentlich harmlose Dinge. Dazu gehören Allergene, die Temperatur oder mechanische Reizungen etwa durch Textilien.

Wie äußert sich eine Neurodermitis?

Die Haut ist sehr trocken und neigt zu Schuppenbildung, Rötungen und vor allem starkem Juckreiz, der oft verstärkt nachts auftritt. Die Lebensqualität der Betroffenen kann durch den Juckreiz eingeschränkt sein, vor allem wenn er Ein- und Durchschlafprobleme verursacht und so die Leistungsfähigkeit tagsüber reduziert ist. Neurodermitis bei Babys und Kindern stellt auch für die Eltern eine mentale Belastung dar. Zudem sind die gereizten Hautstellen anfällig für Bakterien, Viren und Pilze, etwa Staphylokokken oder Herpes. Selten können solche Komplikationen lebensbedrohlich werden.

Welche Hautstellen betroffen sind, ändert sich im Verlauf des Lebensalters. So betrifft Neurodermitis beim Baby vor allem den Kopf und die Gliedmaßen. Im Kindes- und Erwachsenenalter zeigt sich Neurodermitis meist an den Händen, im Nacken und an den Innenseiten der Gelenke. Das atopische Ekzem tritt bei etwa zehn bis fünfzehn Prozent der Kinder in Industrienationen auf. Bei Erwachsenen sind es noch zwischen eineinhalb und fünf Prozent.[2] Noch vor dreißig Jahren waren diese Zahlen viel niedriger. Seitdem haben sie sich beinahe verdreifacht. Fachleute vermuten, dass dafür gesteigerte Hygienemaßnahmen verantwortlich sind (»Hygienehypothese«). Dadurch kommt das Immunsystem mit weniger Erregern in Kontakt und ist schlechter trainiert.

Wie behandelt man Neurodermitis?

Neurodermitiker*innen haben viel Erfahrung mit ihrer Erkrankung und wissen, was Symptome auslösen kann. Das sind die sogenannten Trigger, die konsequent vermieden werden sollten. Das können Kleidungsstücke aus bestimmten Materialien sein, zum Beispiel Wolle, Rückstände von bestimmten Waschmitteln oder Weichspülern in Textilien, zu heißes Duschen und so weiter.

Eine geeignete Basispflege ist eine wichtige Grundlage der Neurodermitisbehandlung. Feuchtigkeitspflege sollte täglich verwendet werden. Das reduziert langfristig den Bedarf von wirkstoffhaltigen Neurodermitis Cremes und anderen Medikamenten. Da die Haut bei atopischer Dermatitis sehr empfindlich ist, enthalten geeignete Pflegeprodukte idealerweise keine Konservierungsmittel oder Duftstoffe. Ein beliebter Inhaltsstoff von Neurodermitispflege ist Harnstoff (Urea). Die Konzentration sollte jedoch vor allem bei Kindern nicht zu hoch sein, da das Pflegeprodukt andernfalls ein brennendes Gefühl auslöst. Bei der Wahl zwischen Creme und Salbe sollten die zu behandelnde Hautstelle und der aktuelle Zustand der Haut bedacht werden. Für Hautstellen, an denen viel Reibung entsteht, etwa Beugestellen, sowie das Gesicht bevorzugt man Cremes, die im Vergleich zu Salben mehr Wasser und weniger Fett enthalten. Auch bei einem akuten Exzem sind Cremes besser geeignet.

Die Hautreinigung erfolgt idealerweise nur mit Wasser. Das gilt auch fürs Duschen. Beim Abtrocknen sollten Betroffene nicht mit dem Handtuch über die Haut reiben, sondern sie trocken tupfen.

Welche Medikamente helfen gegen Neurodermitis?

Manchen Betroffenen helfen H1-Antihistaminika. Sie werden auch bei Menschen eingesetzt, die noch andere allergische Beschwerden haben, etwa Heuschnupfen. Die effektivste Behandlung für atopische Dermatitis sind Salben und Cremes, die Glukokortikosteroide, also »Kortison«, enthalten. Eine orale Gabe erfolgt wegen potentieller Nebenwirkungen nur in Ausnahmefällen und zeitlich begrenzt. Doch auch Salben und Cremes können bei langfristiger Anwendung unerwünschte Folgeschäden verursachen. So wird die Haut an den behandelten Stellen dünner und es können sich Hautveränderungen bilden. Deshalb wird die Anwendung nach Möglichkeit immer wieder pausiert. Eine gute Basispflege kann den Kortisonbedarf senken.

Calcineurinhemmer gibt es ebenfalls in Creme- und Salbenform. Sie wirken entzündungshemmend und sind auf Dauer weniger problematisch als Kortisonpräparate, können aber vorübergehend den Juckreiz verstärken. Zulässig ist die Verwendung erst ab einem Alter von zwei Jahren, je nach Präparat auch später. Calcineurininhibitoren sollten nicht mit einer UV-Licht-Therapie kombiniert werden.

Ist die Behandlung mit Kortison und Calcineurininhibitoren nicht ausreichend, kann eine Dupilumab-Therapie erfolgen. Das Biologikum lindert den Juckreiz, indem es die Entzündungsreaktion hemmt. Die Anwendung erfolgt durch die Patient*innen selbst, die sich das Medikament spritzen müssen. Unter Dupilumab kann eine Bindehautentzündung entstehen. Das betrifft schätzungsweise ein Zehntel der Anwender*innen.

Das Immunsuppressivum Ciclosporin A wird bei Erwachsenen mit schwerer atopischer Dermatitis eingesetzt, ist aber nicht mit einer Phototherapie kombinierbar. Bei der Lichttherapie werden die betroffenen Areale mit UV-Licht bestrahlt. Das kann die Beschwerden lindern, erhöht jedoch das Hautkrebsrisiko. Die Leitlinie empfiehlt eine Anwendung erst im Erwachsenenalter.

Kompaktwissen für PTAs:

  • Neurodermitis ist eine atopische Erkrankung.
  • Jedes zehnte Kind leidet unter atopischer Dermatitis, im Verlauf der Schulzeit verschwindet die Erkrankung meist.
  • Betroffene Hautstellen sind sehr trocken, gerötet, schuppig und jucken stark.
  • Eine gute Basispflege, beispielsweise mit Urea-haltigen Produkten, kann Schübe verhindern oder abmildern. Betroffene sollten zudem Trigger wie Allergene und hautreizende Textilien meiden.
  • Bei akuten Symptomen werden lokal Kortisonpräparate verwendet. Eine orale Kortisontherapie ist nur in Ausnahmefällen und zeitlich begrenzt sinnvoll.
  • Weitere Medikamente, die bei atopischem Ekzem eingesetzt werden, sind H1-Antihistaminika, Calcineurinhemmer, Dupilumab und in schweren Fällen das Immunsuppressivum Ciclosporin A.
  • Die Lichttherapie sollte gemäß Sk2 – Leitlinie unter Berücksichtigung des Alters (nicht im Kindesalter) eingesetzt werden.
  • Eine ausführliche und zertifizierte Fortbildung sowie Praxisbeispiele für das Beratungsgespräch findet Ihr auf folgender Seite: Innovative Ansätze in der Neurodermitistherapie.

Quellenangabe