Die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) gilt als „Modediagnose“. Dabei handelt es sich jedoch um eine psychische Störung, die die Lebensqualität der betroffenen Kinder und Erwachsenen erheblich einschränken kann. Wichtig ist daher eine adäquate, auch pharmakologische Therapie. Die wichtigsten Informationen zur Beratung von ADHS-Betroffenen und ihren Angehörigen findet ihr im folgenden Artikel.

Einführung: ADHS – was bedeutet das?

Die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung ist eine psychische Störung, die je nach Form und Ausprägung mit Hyperaktivität, eingeschränkter Impulskontrolle und/oder Konzentrationsproblemen einhergeht. Unterschieden wird zwischen drei verschiedenen Formen:

  • vorwiegend unaufmerksamer Typ
  • vorwiegend hyperaktiver und impulsiver Typ
  • kombinierter Typ

Für ADHS bei Kindern und Jugendlichen liegt die Häufigkeit bei fünf bis sechs Prozent.¹´² ADHS bei Erwachsenen ist seltener: Fachleute gehen davon aus, dass ein Drittel bis die Hälfte derjenigen, die in der Jugend betroffen waren, auch im Erwachsenenalter noch unter den Einschränkungen leiden.²´³ Männer sind zwei- bis dreimal häufiger betroffen als Frauen.³

ADHS wird häufig als „Modediagnose“ belächelt. Tatsächlich ist es heute wahrscheinlicher, dass die Störung diagnostiziert wird. Das liegt aber daran, dass ADHS mittlerweile bekannter ist. So ist die Chance größer, dass die Störung als solche erkannt und diagnostiziert wird. Neu ist sie auch nicht: Sie wurde – damals noch nicht unter diesem Namen – bereits im achtzehnten Jahrhundert beschrieben.²

Symptome: Wie zeigt sich ADHS?

Charakteristisch sind die bereits erwähnten ADHS-Symptome:

  • Konzentrationsprobleme und/oder
  • Hyperaktivität und Impulsivität

Damit gehen zahlreiche Risiken einher, die die Lebensqualität, Karrierechancen, mentale und körperliche Gesundheit der Betroffenen stark einschränken können. So haben ADHS-Betroffene beispielsweise ein erhöhtes Risiko für Verkehrsunfälle und Drogenmissbrauch. Mangelnder Erfolg in Schule und Beruf kann ebenfalls auf ADHS zurückgehen.

Regelmäßig zeigen sich physische Komorbiditäten, die zumindest teilweise durch das impulsive Verhalten von Betroffenen entstehen oder schlechter werden können. Dazu gehören unter anderem Adipositas, Diabetes, Bluthochdruck und sexuell übertragbare Krankheiten. Zudem kann ADHS mit Autismus einhergehen. Die Diagnose erfolgt anhand psychologischer ADHS-Tests.

Ursachen: ADHS – was passiert im Gehirn?

Bei Menschen mit ADHS liegt eine Störung im Botenstoffsystem des Gehirns vor, insbesondere ein Ungleichgewicht zwischen Dopamin und Noradrenalin. Einzelne Abschnitte im Gehirn sind dadurch nicht in der Lage, wie bei Gesunden miteinander zu kommunizieren. Das Ungleichgewicht tritt besonders in den Bereichen des Gehirns zutage, die für die Informationsverarbeitung zuständig sind. Die ständige Reizüberflutung im ADHS-Gehirn hat die genannten Symptome zur Folge.

„Erziehungssache“ ist ADHS also nicht. Das familiäre und schulische Umfeld können höchstens beeinflussen, wie stark ausgeprägt die Symptome auftreten und wie sehr das Kind dadurch eingeschränkt wird. Eine erbliche Veranlagung für ADHS ist für siebzig bis fünfundneunzig von hundert Fällen verantwortlich.³ Darüber hinaus gibt es Hinweise darauf, dass die folgenden Faktoren das ADHS-Risiko erhöhen könnten:

  • bestimmte Medikamente, die die Mutter in der Schwangerschaft genommen hat
  • gesundheitliche Probleme der Mutter und/oder Komplikationen in der Schwangerschaft
  • Toxine aus der Umwelt

Eventuell besteht ein Zusammenhang mit einem Mangel an Eisen, Vitamin D und/oder Omega-3-Fettsäuren.

ADHS Therapieoptionen

Therapie: ADHS – was tun?

Idealerweise erfolgt die Behandlung von ADHS mit Ergo- und Psychotherapie. Bei Bedarf kommen auch Medikamente zum Einsatz. Die pharmakologische ADHS-Therapie erfolgt mit

  • Stimulanzien (Methylphenidat, Amfetamin, Lisdexamfetamin),
  • Atomoxetin oder
  • Guanfacin.

Führt die Behandlung mit einem Wirkstoff nicht zu einer relevanten Besserung, kann eine Kombitherapie erfolgen.

Dass Stimulanzien bei einer Störung helfen sollen, die unter anderem mit Hyperaktivität einhergeht, wirkt zunächst paradox. Doch gleichen die Stimulanzien das Ungleichgewicht der Botenstoffe im Gehirn von Betroffenen aus. Sie gelten insgesamt als wirksamer und sind die ADHS-Medikamente erster Wahl; allerdings ist das Risiko für Substanzmissbrauch erhöht. Hier ist es wichtig, Betroffene und/oder deren Angehörige zu sensibilisieren.

Vor der Verordnung sind eine körperliche, kardiologische und neurologische Untersuchung notwendig. Nur wenn keine relevanten Vorerkrankungen bestehen, kann eine Behandlung mit Stimulanzien erfolgen. Gerade in der Zeit nach der Erstverordnung und nach jeder Dosisanpassung von ADHS-Medikamenten sind regelmäßige Kontrollen wichtig, um eventuelle Nebenwirkungen feststellen zu können. Dazu gehören auch Wahnvorstellungen bei der Einnahme von Stimulanzien. Später sind halbjährliche Kontrollen ausreichend. Hier werden je nach Präparat beispielsweise Puls und Blutdruck gemessen und überprüft, ob Anzeichen von Somnolenz vorliegen.

Bei Erwachsenen muss regelmäßig das Körpergewicht überprüft werden, bei Kindern und Jugendlichen zusätzlich das Wachstum. Atomoxetin kann sexuelle Funktionsstörungen und Dysmenorrhoe sowie in seltenen Fällen Leberschädigungen verursachen. Prophylaktische Untersuchungen der Leberfunktion sind jedoch nicht erforderlich.

Krampfanfälle und Tics können sich unter der Behandlung mit ADHS-Tabletten verschlechtern oder erstmalig auftreten. Auch eine bestehende Angststörung kann stärker werden.

Halbjährlich bis jährlich sollte der behandelnde Arzt überprüfen, ob eine medikamentöse Behandlung der ADHS noch notwendig ist.

ADHS: Das Wichtigste für PTA im Überblick

  • ADHS ist eine psychische Störung, die sich in Form von Hyperaktivität, eingeschränkter Impulskontrolle und/oder Konzentrationsproblemen äußern kann.
  • Unterschieden werden drei unterschiedliche Formen: der vorwiegend unaufmerksame, der vorwiegend hyperaktive und impulsive sowie der kombinierte Typ.
  • Betroffene haben eine verminderte Lebensqualität und geringere Karrierechancen.
  • Diverse körperliche und psychische Begleiterkrankungen sind bekannt, darunter beispielsweise Autismus, Drogenmissbrauch, Bluthochdruck und Diabetes.
  • Den Symptomen liegt ein Ungleichgewicht von Botenstoffen im Gehirn zugrunde. Ursächlich ist häufig eine erbliche Veranlagung.
  • Die Einnahme von Medikamenten während der Schwangerschaft, die Gesundheit der Mutter sowie Komplikationen in der Schwangerschaft könnten ebenso eine Rolle spielen wie Toxine aus der Umwelt.
  • ADHS ist keine „Erziehungssache“ und auch keine „Modediagnose“: Das Umfeld spielt keine Rolle beim Entstehen der Erkrankung, es beeinflusst höchstens die Ausprägung. ADHS-ähnliche Krankheitsbilder wurden bereits im achtzehnten Jahrhundert beschrieben.
  • Die medikamentöse Behandlung erfolgt mit Stimulanzien, Atomoxetin oder Guanfacin.
  • Gerade in der Anfangszeit sind engmaschige Kontrollen notwendig, um das Auftreten von Nebenwirkungen zu erkennen.
  • Patienteninformation der Bundesärztekammer
  • ADHS-Leitlinie (aktuell in Überarbeitung)
  • Video-Animation über das Aufwachsen mit ADHS

[1] RKI – INTEGRATE-ADHD – ADHS in Deutschland – Vergleich und Integration administrativer und epidemiologischer ADHS-Diagnosedaten durch klinisches Assessment (INTEGRATE-ADHD)
[2] Stephen V. Faraone et al.: The World Federation of ADHD International Consensus Statement: 208 Evidence-based conclusions about the disorder, Neuroscience & Biobehavioral Reviews, Volume 128, 2021, Pages 789-818, ISSN 0149-7634, https://doi.org/10.1016/j.neubiorev.2021.01.022.
[3] Pschyrembel Online | ADHS