Forschung ist die beste Medizin – Experteninterview mit Dr. Charlotte Kopitz
Die sympathische Berlinerin liebte es bereits als Kind zu puzzeln und entschied sich als Studentin für die Naturwissenschaft Biologie. Schon in frühen Jahren war ihr bewusst, dass sie ihren Kopf einsetzen wollte und wenn das dann auch noch anderen Menschen nutzen würde, umso besser! So arbeitete sie erst in der Grundlagenforschung, unter anderem auf dem Gebiet Krebs. Später entschied sich Frau Dr. Kopitz bei einem forschenden Pharmaunternehmen zu arbeiten, um direkt bei der Entwicklung neuer Krebstherapien mit beteiligt zu sein. Die einzelnen Puzzleteile wurden größer bis sie erstmals die Erfahrung machte, Patienten konkret zu helfen! Eine eindrucksvolle und bewegende Forscherstory.
Sehr geehrte Frau Dr. Kopitz,
vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für uns nehmen! In unserer PTA-Rubrik „Aktuelle Branchennews“ fassen wir interessante Beiträge zusammen. So sind wir auf das Projekt Research on Stage gestoßen. Ihre Forscherstory hat uns besonders beeindruckt, sie zeigt uns deutlich, was Forschung am Ende bedeutet, nämlich Menschenleben zu retten! Unser 4-jähriger Sohn puzzelt momentan auch am liebsten, bei Ihnen fing es ähnlich an? :)
Ja, wohl im annähernd gleichen Alter. Ich habe seit ich denken kann Spaß daran gehabt, Probleme zu lösen. Sei es ein Puzzle oder ein Rätsel anderer Art.
Ihrer Erzählung konnten wir entnehmen, dass die tägliche Arbeit weitaus mehr beinhaltet, als den nötigen Lebensunterhalt zu verdienen. Hinter Ihrer Arbeit geht es darum, das Leben vieler erkrankter Menschen lebensfähiger zu machen oder ihre Erkrankung im besten Falle zu heilen. Mögen Sie uns kurz von Ihrem Lebensweg erzählen?
Das stimmt, ich empfinde meine Arbeit wirklich als Beitrag zur Verbesserung der Lebensumstände erkrankter Menschen. Und ich bin froh, diese Möglichkeit ergriffen zu haben. Mein Studium der Biologie an der FU Berlin hatte ich im Fachbereich Zoologie abgeschlossen. Da mich angewandte Forschung am meisten interessierte, fiel meine Wahl anschließend auf ein Projekt, das sich mit natürlicher Schädlingsbekämpfung befasste. Danach konnte ich dann auf ein klinisches Forschungsgebiet wechseln, was mich sehr freute. Ich arbeitete in der Grundlagenforschung, zunächst als wissenschaftliche Mitarbeiterin auf dem Gebiet der Autoimmunerkrankung Zöliakie im Labor für klinische Gastroenterologie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Später wechselte ich an das Klinikum rechts der Isar in München, um an Krebserkrankungen zu forschen. Nach insgesamt 10 Jahren in der medizinischen Grundlagenforschung bekam ich 2008 die Möglichkeit, bei einem forschenden Pharmaunternehmen direkt an der Entwicklung von Krebsmedikamenten beteiligt zu sein.
Ist Ihnen ein Ereignis besonders in Erinnerung geblieben?
In Erinnerung bleiben verschiedenste Dinge. Zum Beispiel der Moment, als mir zum ersten Mal klar wurde, dass aufgrund einer klinischen Studie eines Medikamentes, an dessen Entwicklung ich beteiligt war, tatsächlich Menschen noch am Leben waren, die ohne dieses Medikament möglicherweise bereits verstorben wären. Und natürlich bleiben die Momente in Erinnerung, wenn die Erforschung eines vielversprechenden Therapieansatzes scheitert. Aber die positiven Ereignisse überstrahlen die negativen, und sie sind der Antrieb mit solchen „Tiefschlägen“ umzugehen.
Wie haben Sie die Initiative Research on Stage erlebt, was waren Ihre ersten Gedanken dazu?
Ich habe die Initiative als eine Riesenchance gesehen, Menschen, die sich nicht mit der Materie auskennen, dafür zu begeistern, was Forschen bedeutet. Natürlich war es außerdem ein Riesenspaß mit allen anderen Vortragenden sowie dem Publikum ins Gespräch zum Thema Medikamentenforschung zu kommen. Und das Präsentieren selber hat mir auch enorm viel Freude bereitet.
Hat sich nach Ihrem Auftritt etwas verändert? Konnten Sie von interessanten Kontakten profitieren?
Ich gebe Ihnen gerade ein Interview – das ist auf jeden Fall eine Veränderung!
Ja, ich habe sehr viele interessierte Menschen kennengelernt und auch ehemalige Studienkolleginnen wiedergetroffen.
Wie empfinden Sie das Ansehen der Pharmabranche in der Öffentlichkeit? Was sollte sich Ihrer Meinung nach ändern?
Meine persönliche Einschätzung ist, dass die Offenheit von der „Research on stage“ Initiative mit Sicherheit der beste Weg ist, die Forschung in der Pharmabranche zu präsentieren. Es ist eben nicht „die Pharmabranche“ die Medikamente entwickelt, sondern dahinter stehen viele einzelne hoch engagierte Kolleginnen und Kollegen, die allen Rückschlägen zum Trotz daran arbeiten, neuartige und bessere Therapien für möglichst viele Erkrankungen zu entwickeln.
In der forschenden Pharmaindustrie arbeiten bereits 44% Frauen. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht, hatten es Ihre männlichen Kollegen leichter?
Ich hatte bisher in meinem beruflichen Leben nicht den Eindruck, dass mein Geschlecht einen negativen Einfluss auf meine Entwicklung gehabt hätte.
Dürfen wir erfahren, woran Sie aktuell forschen?
Ja, sehr gerne. Ich kann zwar keine Details teilen, aber wir arbeiten gerade zusammen mit Kollegen vom „Broad Institute of MIT and Harvard“ an der Erforschung eines neuen potentiellen Wirkstoffes zur personalisierten Therapie bestimmter, sehr aggressiver Tumorerkrankungen.
Frau Dr. Kopitz, wir danken Ihnen und wünschen Ihnen für die Zukunft alles Gute!