Keuchhusten – unterschätzte Gefahr im Erwachsenenalter
Immer häufiger erkranken Erwachsene an der bakteriellen, meldepflichtigen Infektionserkrankung. Die Krankheit ist hochansteckend und wird durch Tröpfcheninfektion übertragen. Sie zählt weltweit zu den häufigsten Infektionserkrankungen der Atemwege.
Eine Verharmlosung der sogenannten Kinderkrankheit hält sich immer noch hartnäckig, dabei raten Mediziner dringend zur empfohlenen Impfung und zur regelmäßigen Auffrischung.

Keuchhusten-Auslöser und Merkmale der Erkrankung
Die Erkrankung wird durch Bordetella pertussis-Bakterien ausgelöst. Das von diesen Bakterien produzierte Toxin schädigt die Schleimhäute der Atemwege und beeinträchtigt deren Funktion.1,2
- Das klinische Bild zeigt sich anfänglich in Form einer Erkältung und wird ebenfalls durch Tröpfcheninfektion übertragen. Darauffolgend kommt es zu den charakteristischen, krampfartigen Hustenanfällen mit einziehender Atmung, die dem Keuchhusten seinen Namen verleiht. Diese treten vorzugsweise nachts auf. Meist gepaart mit Abhusten zähem Schleims und Erbrechen.
- Die Erkrankungszeit dauert bis zu 6 Wochen, daran anschließend folgt eine 6-10-wöchige Erholungsphase. Wichtig ist jedoch, dass sich die klassische Symptomatik bei Jugendlichen und Erwachsenen oftmals abgeschwächt zeigt. Anhand des Krankheitsverlaufes und einer zuverlässigen Laboruntersuchung kann die Diagnose gestellt werden.
Klinische Symptomatik
Pertussis ist eine langanhaltende Erkrankung, die über mehrere Wochen bis Monate verlaufen kann. Bei einer typischen Erstinfektion ungeimpfter Personen zeigt sich der Verlauf in drei charakteristischen Stadien1,2:
- Stadium decrementi (6–10 Wochen): In diesem abschließenden Stadium nehmen die Hustenanfälle allmählich ab, bis sie schließlich verschwinden.
- Stadium catarrhale (1–2 Wochen, Inkubationszeit 5–21 Tage): In diesem frühen Stadium treten erkältungsähnliche Symptome wie Schnupfen und leichter Husten auf. Fieber fehlt meist oder ist nur mäßig ausgeprägt.
- Stadium convulsivum (4–6 Wochen): Dieses Stadium ist geprägt von anfallsartigen Hustenstößen (Stakkatohusten), die von einem inspiratorischen Ziehen begleitet werden. Das typische Keuchen oder Juchzen entsteht durch eine plötzliche Einatmung gegen eine geschlossene Glottis am Ende eines Anfalls.
Häufig kommt es während der Hustenattacken zum Hervorwürgen von zähem Schleim und anschließendem Erbrechen. Die Attacken können sehr zahlreich sein und treten besonders oft nachts auf. Fieber bleibt selten oder gering ausgeprägt; eine deutliche Temperaturerhöhung weist eher auf eine bakterielle Sekundärinfektion hin.
Wann sollte eine Labordiagnostik auf Keuchhusten erfolgen?
Bei Patienten mit Husten, unabhängig von dessen Dauer, sollte eine Labordiagnostik auf Keuchhusten erfolgen, wenn
- ein Kontakt mit einem bestätigten Keuchhustenfall stattgefunden hat oder
- klassische Symptome wie Hustenattacken, inspiratorischer Stridor oder Erbrechen nach den Hustenanfällen vorliegen.
- Auch bei länger anhaltendem Husten (über 14 Tage) ohne diese typischen Symptome ist eine Diagnostik angezeigt.
- Eine bestehende Impfung schließt die Möglichkeit einer Keuchhustenerkrankung nicht aus.
Wichtig: Zu den häufigsten Komplikationen zählen Pneumonien und Mittelohrentzündungen, auch Rippen- und Leistenbrüche sind möglich. Bei Säuglingen sind Atemaussetzer am meisten gefürchtet.

Vorkommen von Pertussis
Pertussis tritt ganzjährig auf, wobei die Inzidenz im Herbst und Winter etwas höher ist. Trotz hoher Impfquoten bei jüngeren Kindern (im Jahr 2018 lag die Impfquote der Schulanfänger bei etwa 93 Prozent) treten in Deutschland weiterhin zyklische Anstiege der Erkrankung alle 4 bis 6 Jahre auf.
Seit der Einführung der Keuchhusten-Meldepflicht im Jahr 2013 werden jährlich zwischen 11 und 20 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner an das RKI gemeldet. Besonders betroffen sind Säuglinge, die in epidemischen Jahren mit Inzidenzen über 100 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner rechnen müssen und häufig hospitalisiert werden. Aus diesem Grund empfiehlt die STIKO seit 2020 eine Pertussisimpfung für Schwangere.
Ein rasches Nachlassen des Impfschutzes führt auch bei älteren Kindern und Jugendlichen zu häufigeren Erkrankungen. Obwohl die Inzidenz bei Erwachsenen niedriger ist, entfallen mittlerweile etwa 60 Prozent der Fälle auf Personen ab 18 Jahren. Dies ist unter anderem auf eine unzureichende Auffrischimpfung, besonders bei Jugendlichen und Erwachsenen, zurückzuführen.2
Säuglinge besonders gefährdet
Bei Säuglingen finden sich häufig atypische Verläufe. Für erkrankte Säuglinge besteht die größte Gefahr, die Erkrankung kann aufgrund möglicher Apnoen lebensbedrohlich sein. Zudem machen weitere, mögliche Komplikationen eine stationäre Behandlung notwendig. Häufige stecken sich die Säuglinge bei ihren Eltern oder engen Familienmitgliedern an. Auch unbemerkt können infizierte Personen die Erreger weitergeben.
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Keuchhusten vorbeugen und Ansteckung vermeiden
Die Grundimmunisierung von Säuglingen und Kleinkindern sollte so früh wie möglich beginnen, idealerweise direkt nach Vollendung des zweiten Lebensmonats, und planmäßig fortgesetzt werden.
Für Reifgeborene im Säuglingsalter werden drei Impfungen im Alter von 2, 4 und 11 Monaten empfohlen. Es bietet sich an, hierfür einen Kombinationsimpfstoff zu verwenden, der gleichzeitig Schutz vor Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Kinderlähmung, Hib und Hepatitis B bietet.
Wichtigkeit der Impfung für Säuglinge, Kinder und Erwachsene
Da die Immunität nach einer natürlichen Pertussis-Infektion oder einer vollständigen Impfung nur begrenzt anhält, können sich Menschen im Laufe ihres Lebens mehrfach infizieren und erkranken.
Die aktuelle Impfstrategie in Deutschland zielt daher darauf ab, Säuglinge und Kleinkinder, die durch B. pertussis besonders gefährdet sind, so früh wie möglich durch eine Grundimmunisierung umfassend zu schützen.
Impfempfehlungen für Jung und Alt
Zudem sind Auffrischimpfungen im Vorschulalter, in der Jugend und im Erwachsenenalter erforderlich, um den Impfschutz aufrechtzuerhalten, die klinische Wirksamkeit zu sichern und die Weitergabe der Infektion an ungeimpfte oder immungeschwächte Personen zu reduzieren. Generell wird Erwachsenen ein Kombinationsimpfstoff im Zusammenhang mit einer nötigen Tetanus/ Diphtherie Auffrischung empfohlen.2
Ebenso sollten betreuende Personen Neugeborener wie beispielsweise die Großeltern einen sicheren Impfstatus berücksichtigen. Bei Kontakt zu Erkrankten sollte vorsichtshalber eine Antibiotikaeinnahme erfolgen, so soll Ausbruch und Weitergabe der Infektion abgewendet werden. Betroffene verwechseln die atypisch verlaufenden Hustenattacken oftmals mit einer Bronchitis. Daher empfehlen Experten bei Husten, der hartnäckig über mehrere Wochen anhält, an Keuchhusten zu denken.
Empfehlung in der Schwangerschaft:
Seit März 2020 empfiehlt die STIKO Schwangeren, sich zu Beginn des dritten Trimesters gegen Pertussis impfen zu lassen. Besteht ein erhöhtes Risiko für eine Frühgeburt, sollte die Impfung bereits im zweiten Trimester erfolgen. Die Impfung wird in jeder Schwangerschaft empfohlen, unabhängig davon, wie lange zurückliegende Pertussis-Impfungen zurückliegen. Ziel dieser Maßnahme ist es, Neugeborene und junge Säuglinge besser vor Pertussis zu schützen.2
Antibiotische Behandlung bei Keuchhusten
Eine antibiotische Therapie kann die Dauer und Intensität von Hustenattacken nur dann wirksam beeinflussen, wenn sie sehr frühzeitig, also vor dem Auftreten oder innerhalb der ersten ein bis zwei Wochen mit Beginn des Hustens, eingesetzt wird. Dennoch spielt sie eine wichtige Rolle bei der Unterbrechung von Infektionsketten.
Aufgrund der besseren Verträglichkeit und einfacheren Anwendung zählen die Makrolide Azithromycin und Clarithromycin zu den gängigen Antibiotika, vor Erythromycin. Makrolid-Resistenzen treten bislang nur äußerst selten auf. Als Alternative zu Makroliden kann Cotrimoxazol eingesetzt werden. Oral-Penicilline und Cephalosporine sind hingegen nicht geeignet.2
Zur Unterstützung der antibiotischen Therapie können folgende Maßnahmen Linderung verschaffen:
- Feuchte Raumluft, etwa durch Luftbefeuchter oder Inhalationen mit Kochsalzlösung, kann den Hustenreiz verringern und die Atemwege beruhigen.
- Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr hilft, die Schleimhäute feucht zu halten und zähen Schleim zu verflüssigen, während körperliche Ruhe wichtig ist, um den Kreislauf und die Atemwege zu entlasten.
- Bei starker Atemnot kann in schweren Fällen eine Sauerstoffgabe notwendig sein, insbesondere bei Babys und Kleinkindern, die engmaschig überwacht werden sollten, da Keuchhustenanfälle für sie lebensbedrohlich sein können.
- Ergänzende Maßnahmen wie eine leicht aufrechte Schlafposition und die Vermeidung von Reizstoffen wie Staub und Zigarettenrauch können zusätzliche Erleichterung bringen.
- Kleine, häufige Mahlzeiten bei Würgereiz/Erbrechen.
Wichtig: Die antibiotische Therapie spielt insbesondere in den frühen Stadien der Erkrankung eine entscheidende Rolle, da sie sowohl den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen als auch Infektionsketten effektiv unterbrechen kann.1,2
Was tun bei Keuchhusten?
Im Falle eines Verdachts auf Keuchhusten sollte die Arztpraxis vor dem Besuch informiert werden, damit entsprechende Schutzmaßnahmen gegen eine mögliche Ansteckung getroffen werden können.2
Betroffene sollten sich aus Rücksicht auf andere Personen isolieren und insbesondere den Kontakt zu Säuglingen, Kleinkindern und älteren Menschen vermeiden. Säuglinge unter 6 Monaten sowie Menschen mit schweren Vorerkrankungen werden bei Keuchhusten häufig ins Krankenhaus aufgenommen, wo gefährliche Atemaussetzer frühzeitig erkannt werden können.
Medikamentöse Maßnahmen zur Eindämmung der Infektion
Medikamente sollten ausschließlich nach Rücksprache mit einem Arzt oder einer Ärztin eingenommen werden. In einigen Fällen wird ein Antibiotikum verordnet. Wird es frühzeitig eingenommen, kann es den Husten in der Anfangsphase verhindern oder abschwächen.
Nach Beginn der Hustenanfälle können Antibiotika den Krankheitsverlauf jedoch nicht verkürzen, sie reduzieren aber die Ansteckungsfähigkeit und verhindern eine weitere Ausbreitung der Krankheit.
Ernährung und Flüssigkeitszufuhr bei Keuchhusten
Erkrankte sollten ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen, um den trockenen Husten zu lindern. Aufgrund des Würgereizes und Erbrechens empfiehlt es sich, kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt einzunehmen. Kinder sollten während der Hustenanfälle aufrecht und mit leicht vorgebeugtem Kopf sitzen.
Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes für Betroffene
Zum Schutz anderer gelten die Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes. Kinder und Erwachsene, die an Keuchhusten erkrankt sind oder bei denen der Verdacht darauf besteht, dürfen Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen oder Kindergärten nicht besuchen oder dort arbeiten, bis die Krankheit nicht mehr ansteckend ist.
Betroffene müssen die Einrichtung über die Erkrankung informieren. Nach Beginn der Antibiotika-Behandlung dürfen Betroffene in der Regel nach 5 Tagen wieder in die Gemeinschaftseinrichtungen, oder sobald ein negativer Abstrich vorliegt und der Gesundheitszustand dies zulässt. Ohne Antibiotika-Therapie ist ein Wiedereintritt in Gemeinschaftseinrichtungen meist nach 3 Wochen ab Beginn des Hustens möglich.
Keuchhusten: Das Wichtigste für PTA im Überblick
- Keuchhusten (Pertussis) ist eine meldepflichtige, hoch ansteckende Infektionskrankheit, die durch das Bakterium Bordetella pertussis ausgelöst wird. Hauptübertragungsweg: Tröpfcheninfektion.
- Eine Weitergabe der Erreger ist auch durch nicht erkrankte und geimpfte Personen möglich.
- Die Antibiotikatherapie soll den Krankheitsverlauf mildern und eine Weitergabe verhindern.
- Die Diagnose wird frühzeitig anhand des Krankheitsverlaufes und mittels Abstrich gestellt, später bildet der Körper Antikörper, die im Blut nachgewiesen werden können.
- Patienten sollten bei Verdacht (über Wochen anhaltender Husten) an einen Arzt verwiesen werden.
- In der Schwangerschaft empfiehlt die STIKO die Impfung zu Beginn des 3. Trimenons, bei möglicher Frühgeburt ab dem 2. Trimenon, um einen Nestschutz für das Neugeborene durch mütterliche Antikörper zu erreichen.
- Insbesondere Säuglinge sind gefährdet, gefürchtet sind hier Atemaussetzer, eine stationäre Überwachung wird empfohlen.
- Regelmäßige Auffrischungen sind essenziell, da der Impfschutz nachlässt. Erwachsene sollten die Impfung in Kombination mit Tetanus/Diphtherie-Auffrischung erneuern.
- Um Komplikationen wie Sekundärinfektionen zu vermeiden, sollten Erwachsene langanhaltenden Husten ärztlich abklären lassen.
- Weiterführende Informationen findet Ihr hier:
- Da Keuchhusten gemeldet werden muss, steht das örtliche Gesundheitsamt mit Informationen und großer Erfahrung im Umgang mit der Krankheit zur Verfügung.
- Informationen zum Infektionsschutz durch Impfen findet Ihr auf den Seiten der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (www.impfen-info.de).
- RKI – Impfungen A – Z – Schutzimpfung gegen Pertussis: Häufig gestellte Fragen und Antworten
- RKI – Impfungen A – Z – Schutzimpfung gegen Pertussis (Keuchhusten)
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