Haarausfall: Arten, Ursachen und Behandlungsansätze
Haarausfall kann viele verschiedene Ursachen haben, etwa Autoimmun- oder Hauterkrankungen, Nährstoffmangel sowie als Nebenwirkung einer Chemotherapie oder hormonell bedingt auftreten. Die Behandlung ist abhängig von der Art und Ursache.
Der Leidensdruck für Betroffene ist groß. Umso wichtiger ist eine kompetente Beratung zu Mitteln gegen Haarausfall in der Apotheke. Alles, was ihr dazu wissen müsst, erfahrt ihr im Folgenden.
Haarausfall: Arten der Alopezie
Übermäßiger Haarverlust liegt vor, wenn täglich mehr als 100 Haupthaare ausfallen.1 Das Haupthaar besteht aus Terminalhaaren. Dabei handelt es sich um Haare, die deutlich kräftiger sind als ein Großteil der restlichen Körperbehaarung. Ein Mensch hat etwa 250 bis 450 Haupthaare pro Quadratzentimeter der Kopfhaut, insgesamt sind es gut 100.000.1
Im Zusammenhang mit Haarverlust sind zwei Fachbegriffe wichtig:
- Effluvium beschreibt den Vorgang des Ausfallens.
- Alopezie ist der Zustand der Haarlosigkeit.
Es gibt zahlreiche verschiedene Arten. Welche Form auftritt, ist von der Ursache abhängig.
Erblich bedingter (androgenetischer) Haarausfall
Androgenetische Alopezie (AGA) ist keine Krankheit, kann bei den Betroffenen aber dennoch einen großen Leidensdruck verursachen. AGA ist die häufigste Form des Haarverlusts. Ihr liegt eine genetische Veranlagung zugrunde.
Durch das männliche Geschlechtshormon Dihydrotestosteron (DHT) werden die Haarfollikel der Betroffenen übermäßig stimuliert. Aufgrund der hormonellen Störung wird die Wachstumsphase der Haare verkürzt. Sie werden dünner und fallen vermehrt aus.
Jeder zweite Mann ist noch vor seinem 50. Lebensjahr betroffen.2 Androgenetischer Haarausfall bei Frauen ist seltener, zudem sind die Symptome bei ihnen weniger stark ausgeprägt. AGA tritt bei Frauen vor allem dann auf, wenn sich das Gleichgewicht der Geschlechtshormone zugunsten von männlichen Hormonen verschiebt, also nach den Wechseljahren oder beim polyzystischen Ovarialsyndrom (PCOS).
Während bei Frauen vor allem das Haar am Scheitel dünner wird, bilden sich beim Mann Geheimratsecken bis hin zur Glatze. Je früher im Leben die AGA auftritt, desto schwerer ist der zu erwartende Verlauf.
Kreisrunder Haarausfall (Alopecia areata, AA)
Von Alopecia areata (AA) ist etwa 1 von 1.000 Menschen betroffen, vor allem im zweiten und dritten Lebensjahrzehnt.2 AA ist eine Autoimmunerkrankung, die familiär gehäuft auftritt. Schätzungsweise einer von fünf Betroffenen hat eine erbliche Veranlagung.2 Zudem leiden Betroffene oft unter weiteren Autoimmunerkrankungen oder Allergien.
Die Alopecia areata tritt plötzlich auf. Häufige Auslöser sind psychischer oder physischer Stress, etwa durch Operationen oder Infektionen. Körpereigene Immunzellen greifen den Haarfollikel an, sodass das Haar abbricht. In den meisten Fällen sind kreisrunde, münzgroße Stellen an der Kopfhaut betroffen. AA kann aber auch an anderen Bereichen des Körpers oder generalisiert auftreten.
Die Symptome verschwinden meist innerhalb von drei Jahren von selbst. Bei etwa der Hälfte der Betroffenen kehrt das Haar vollständig zurück.1,2,iii
Diffuser Haarausfall (telogenes Effluvium)
Von telogenem Effluvium ist die Rede, wenn die Wachstumsphase der Haare vermehrt unterbrochen wird. Dadurch treten übermäßig viele Haare in die sogenannte Telogenphase ein, also in die Ruhe- oder Ausfallphase. Im Verlauf von drei bis etwa acht Monaten lockert sich das Haar aus dem Follikel und fällt aus.1,2 Somit tritt der Haarverlust erst mit zeitlicher Verzögerung nach dem auslösenden Ereignis ein.
Das telogene Effluvium wird vor allem durch physischen oder psychischen Stress ausgelöst. Mögliche Ursachen sind daher
- übermäßige seelische Belastung
- Medikamente: Retinoide, Blutdrucksenker, Gerinnungshemmer
- Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse
- Diäten
- Mangel an Biotin, Vitamin B12, Vitamin D, Eisen und/oder Eiweiß
- Ekzeme
Durch die hormonelle Umstellung infolge der Schwangerschaft kann das telogene Effluvium auch nach der Geburt in der Stillzeit auftreten.
Vernarbender Haarausfall
Hier ist der Haarverlust durch entzündliche Prozesse in der Haut begründet. Um die Follikel herum treten Entzündungen auf, zudem kommt es zu Hyperkeratose, also einer Verdickung der Hornschicht der Haut.
Neben dem Haarverlust können noch weitere Symptome auftreten:
- Juckreiz
- Schmerzen
- fehlende Follikelöffnungen
In den meisten Fällen liegt dem Haarverlust eine Erkrankung zugrunde, etwa:
- Hauterkrankungen wie Akne oder Ekzeme
- Autoimmunerkrankungen
- Infektionen
- Tumoren
- Schädigungen der Haut durch äußere Einflüsse wie Verletzungen, Verbrennungen, Röntgenstrahlung
Bei dieser Form ist der Haarverlust irreversibel. Je schneller die zugrundeliegende Erkrankung diagnostiziert und behandelt wird, desto besser. Tritt der Haarverlust idiopathisch auf, ist er zumeist therapieresistent.
Extremer Haarausfall bei Chemotherapie
Einige Chemotherapeutika haben Haarverlust als Nebenwirkung. Die Medikamente hemmen die Zellteilung der Krebszellen, können aber auch körpereigene Zellen beeinflussen. So kommt es bei einer Chemotherapie mitunter bis hin zum vollständigen Verlust der Kopf-, bisweilen auch der restlichen Behaarung.
- Drei bis sechs Monate nach Abschluss der Behandlung setzt das Haarwachstum wieder ein.iv Jedoch können die Haarstruktur und -farbe danach verändert sein.
- Auch eine Strahlentherapie kann zu Haarverlust führen. Dann ist aber nur das Haar im bestrahlten Bereich betroffen.
- Dem Haarverlust bei Chemotherapie entgegenzuwirken, ist nach aktuellem Kenntnisstand nicht möglich. Betroffene können jedoch psychologische Unterstützung erhalten und/oder vorübergehend eine Perücke tragen.
Um das Haarwachstum nach der Behandlung zu fördern, sollten Betroffene ihre Kopfhaut gut pflegen, vor UV-Strahlung schützen, das nachwachsende Haar nicht zu oft waschen und nur schonend stylen.
Lebenszyklus der Haare
Der Lebenszyklus eines Haars lässt sich in drei Stadien einteilen:
- Anagenphase: In der Wachstumsphase wächst das Haupthaar jeden Monat etwa einen Zentimeter.1,2 Diese Phase hält zwischen zwei und sechs Jahren an.1,2 Etwa vier von fünf Haupthaaren befinden sich in der Anagenphase.1,2
- Ketagenphase: Die Übergangsphase verläuft über zwei bis sechs Wochen.1,2 Eins von zwanzig Haupthaaren befindet sich in diesem Stadium.2
- Telogenphase: In der Ruhephase lockert sich das Haar aus dem Follikel und fällt dann innerhalb von drei bis acht Monaten aus.1,2 Etwa eins von fünf Haupthaaren ist gerade in der Ruhephase.2 An die Telogenphase schließt sich eine erneute Anagenphase an.
Man unterscheidet zwischen anagenem und telogenem Effluvium:
- Anagenes Effluvium, bei dem das Haar bereits in der Wachstumsphase ausfällt, geht meist auf eine schwere Schädigung der Haarmatrix zurück, in der das Haar gebildet wird. Ursächlich sind in der Regel eine Chemo- oder Strahlentherapie.
- Telogenes Effluvium tritt hingegen aufgrund von Erkrankungen oder Stress auf. Die Anagenphase endet vorzeitig, die Haare gehen vermehrt in die Ketagen- und dann in die Telogenphase über, sodass sie mit einer Verzögerung von mehreren Monaten ausfallen.
Haarausfall: Ursachen für Alopezie
Oft geht Haarverlust auf eine erbliche Veranlagung zurück; das ist insbesondere bei Haarausfall bei Männern der Fall. Bei Frauen können hormonelle Ungleichgewichte durch Schwangerschaft, Wechseljahre oder gynäkologische Erkrankungen wie das polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS) zu Alopezie führen.
Haut- und Autoimmunerkrankungen, die unter anderem Haarverlust auslösen können, liegt oft eine Kombination aus genetischer Veranlagung und Umweltfaktoren zugrunde. Dazu gehören psychischer und physischer Stress, Übergewicht, der Konsum von Alkohol und Zigaretten.
Entsteht Alopezie aufgrund eines manifesten Nährstoffmangels, liegt das in der Regel an einseitigen Diäten, Essstörungen oder einer Erkrankung des Verdauungstrakts.
Eine Ausnahme stellt Vitamin D dar: Diesen Vitalstoff in ausreichender Menge mit der Nahrung aufzunehmen ist schwierig. Der menschliche Organismus kann Vitamin D zwar selbst bilden, benötigt dazu jedoch Hautkontakt mit UV-Strahlung. Laut dem RKI ist etwa ein Drittel der Deutschen mangelhaft mit Vitamin D versorgt, ein weiteres Drittel leidet bereits unter einem substantiellen Mangel.v Das liegt zum einen daran, dass die Sonnenstrahlung im mitteleuropäischen Winter nicht intensiv genug ist. Zum Anderen schützen sich viele – zurecht – mit UV-Schutzmitteln vor Hautkrebs.
Natürliche Mittel gegen Haarausfall
Nicht nur Stress begünstigt also Haarverlust; auch systemische Krankheiten wie etwa Autoimmunerkrankungen können dazu beitragen. Nicht nur, aber auch deshalb ist es also wichtig, ihnen mit einem gesunden Lebensstill vorzubeugen oder den Verlauf bereits bestehender Erkrankungen positiv zu beeinflussen.
Eine wichtige Rolle spielt dabei ein gesunder Lebensstil:
- ausreichend Schlaf und ein regelmäßiger Schlafrhythmus
- Bewegung, idealerweise an der frischen Luft
- moderates Training (Leistungssport hingegen bedeutet Stress für den Körper)
- gesunde Ernährung
Neben den allgemein gültigen Empfehlungen für eine gesundheitsförderliche Ernährungsweise sollte der Fokus darauf liegen, die Darmflora zu unterstützen. Forschungsergebnisse legen nahe, dass zwischen einigen Arten von Haarverlust und dem Darmmikrobiom ein Zusammenhang bestehen könnte.vi,vii In der Zukunft könnte hier sogar ein Ansatz zur Behandlung zu finden sein.
Bis es so weit ist, kann es sich lohnen, die Darmgesundheit mit probiotischen Präparaten zu unterstützen, sei es prophylaktisch oder als ergänzende Therapie. Außerdem ist eine ballaststoffreiche und zuckerarme Ernährungsweise empfehlenswert.
Haarausfall stoppen mit Entspannungstechniken
Stress kann nicht nur auf direktem Weg zu frühzeitigem Haarverlust führen, sondern auch indem er systemische Vorerkrankungen verschlechtert. Das Erlernen einer Entspannungstechnik kann hier helfen.
Aus wissenschaftlicher Sicht gilt die achtsamkeitsbasierte Stressreduktion (auf Englisch mindfulness-based stress reduction, kurz MBSR) als besonders empfehlenswert.viii Die stresslindernde Wirkung von progressiver Muskelentspannung nach Jacobson und Autogenem Training sind ebenfalls wissenschaftlich belegt.ix,x
Auch über Alopezie und damit assoziierte Erkrankungen hinaus ist Stressreduktion essentiell. Stress stellt einen bedeutenden Risikofaktor für diverse schwere Erkrankungen dar, darunter etwa Herzinfarkt und Schlaganfall.
Haarausfall: Behandlung mit Nahrungsergänzung
Liegt dem Haarverlust ein ärztlich diagnostizierter Nährstoffmangel zugrunde, sollte dieser mit einem geeigneten Präparat ausgeglichen werden. Auch wenn kein Vitaminmangel vorliegt, kann die Einnahme eines Nahrungsergänzungsmittels sinnvoll sein, wie Forschungen gezeigt haben:
- Sulforaphan ist ein sekundärer Pflanzenstoff, der vor allem in Brokkolisprossen enthalten ist. Forschende haben Hinweise darauf gefunden, dass der Wirkstoff gegen androgenetische Alopezie helfen könnte.xi,xii
- Kürbiskernöl hat sich in wissenschaftlichen Studien als haarwuchsfördernd erwiesen.xiii,xiv
- Sägepalmenextrakt könnte ebenfalls Haarverlust vorbeugen und so androgenetische Alopezie lindern.xv,xvi
Was hilft gegen Haarausfall?
Liegt dem Haarverlust eine systemische oder dermatologische Erkrankung zugrunde, steht deren Therapie im Vordergrund. Wird die Ursache diffusen Haarverlusts beseitigt, ist damit zu rechnen, dass die Haare innerhalb von drei bis sechs Monaten nachwachsen.2 Zur Unterstützung bei diffusem Haarverlust eignen sich Minoxidil oder östrogenhaltige Lösungen.
Bei vernarbendem Haarverlust ist besonders schnelles Handeln geboten, da der Haarverlust bei dieser Form dauerhaft ist. Ergänzend zur ursächlichen Therapie können Glukokortikoide zur lokalen Anwendung oder als Tabletten, Retinoide sowie Immunsuppressiva verordnet werden.
Bei Alopecia areata kommen Kortison zur lokalen Anwendung, Dapson, Zinksulfat oder -aspartat, Licht- oder Reiztherapie zum Einsatz. AGA wird bei Frauen lokal mit Minoxidil oder 17-a-Estradiol therapiert, bei Männern systemisch mit Finasterid. Mit einer Verbesserung ist nach frühestens einem halben Jahr zu rechnen.1 Ist die medikamentöse Behandlung nicht erfolgreich, entscheiden sich manche Betroffene für eine Haartransplantation.
Um weiterem Haarverlust bei Alopezie-Betroffenen vorzubeugen, können Shampoos mit folgenden Wirkstoffen zum Einsatz kommen:
- Salizylsäure, 0,2 %xvii
- Panthenol 0,2 %17
- Niacinamid 0,1 %17
- Koffeinxviii
- Adenosin18
Haarausfall: das Wichtigste für PTAs im Überblick
- Es gibt zahlreiche verschiedene Arten, etwa erblich/hormonell bedingte Alopezie, Alopecia areata, telogenes Effluvium und Haarverlust durch eine Chemotherapie. Auch systemische Erkrankungen können Alopezie auslösen.
- Von übermäßigem Haarverlust ist die Rede, wenn täglich mehr als 100 Haupthaare ausgehen.i
- Die Behandlung von Alopezie richtet sich nach der Ursache. Bleiben die Mittel gegen Haarausfall wirkungslos, kann eine Haartransplantation erfolgen.
- Körperlicher und psychischer Stress können übermäßigen Haarverlust auslösen oder begünstigen. Ein gesunder Lebensstil, insbesondere Stressreduktion, ist daher essentiell.
- Shampoos, die das Haarwachstum fördern, können unterstützend zum Einsatz kommen. Entsprechende Wirkstoffe sind etwa Koffein und Salicylsäure.
Häufige Fragen zum Haarausfall
Was ist das beste Mittel gegen Haarausfall?
Die Behandlung ist abhängig von der Ursache. Liegt dem Haarverlust eine Erkrankung zugrunde, muss diese therapiert werden. Unterstützend zu einer eventuellen medikamentösen Behandlung kommen Shampoos mit Wirkstoffen zum Einsatz, die das Haarwachstum fördern. Wichtig ist auch ein gesunder Lebensstil, insbesondere Stressreduktion.
Was hilft bei sehr starkem Haarausfall?
Extremem Haarverlust können eine Hauterkrankung, ein hormonelles Ungleichgewicht oder eine Chemotherapie zugrundeliegen. Wichtig ist auch hier die Behandlung der Ursache. Androgenetische, also erblich bedingte Alopezie, geht auf eine Überempfindlichkeit der Haarfollikel gegen männliche Geschlechtshormone zurück. Sie wird beim Mann systemisch mit Finasterid behandelt, bei der Frau lokal mit Minoxidil oder 17-a-Estradiol.
Welches Vitamin fehlt, wenn man Haarausfall hat?
Übermäßiger Haarverlust kann durch einen Mangel an Biotin, Vitamin B12, Vitamin D, Eisen und/oder Eiweiß auftreten.
Auf welche Krankheiten kann Haarausfall hinweisen?
Alopezie kann begleitend bei einer Vielzahl verschiedener Erkrankungen auftreten, etwa bei Haut- und Autoimmunerkrankungen, Tumoren, Infektionen oder dem polyzystischen Ovarialsyndrom (PCOS). Auch hormonelle Ungleichgewichte nach der Schwangerschaft oder in den Wechseljahren können eine Rolle spielen.
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