Morbus Parkinson verstehen: Ursachen und Behandlung
Morbus Parkinson ist eine degenerative Erkrankung des ZNS. Die Dopaminbildung und damit die Steuerung von Bewegungen sind gestört. Das bekannteste Symptom ist der Tremor. Doch die Erkrankung kann auch Akinese, Rigor und vegetative Störungen auslösen. Als Spätfolge kann eine Parkinson-Demenz auftreten.
Die Behandlung erfolgt mit Präparaten, die den Dopaminhaushalt beeinflussen, beispielsweise mit Levodopa. Das notwendige Wissen zur Apothekenberatung von Betroffenen findet ihr im Folgenden.
Einführung: Was ist Parkinson?
Morbus Parkinson ist eine chronisch-progrediente Erkrankung des zentralen Nervensystems. Bestimmte Neuronen in der Substantia nigra im Gehirn, die Dopamin bilden, degenerieren. Dopamin ist an der Steuerung von Bewegungen beteiligt; die Hauptsymptome von Parkinson betreffen die Bewegungssteuerung.
Eine von vierhundert Personen in Deutschland leidet unter Parkinson¹. Davon sind drei Viertel vom idiopathischen Parkinson-Syndrom (IPS), auch als Morbus Parkinson bezeichnet, betroffen.²
Die Parkinson-Krankheit tritt in der Regel erstmalig im Alter von fünfundfünfzig bis sechzig auf.³ Es gibt mehr männliche als weibliche Betroffene.
Morbus Parkinson-Ursachen: Wie und wo entsteht Parkinson?
Was den Zelltod beim IPS auslöst, ist bislang unbekannt.
Forschende haben Hinweise gefunden, dass es sich wie bei Multipler Sklerose um eine Autoimmunerkrankung handeln könnte.⁴,⁵
Fachleute vermuten, dass eine Kombination aus genetischer Veranlagung und Morbus Parkinson-Risikofaktoren wie Schädel-Hirn-Traumata oder eine Exposition mit Neurotoxinen zur Erkrankung führt.
α-Synuclein und die Braak-Hypothese im Fokus
Defekte Moleküle des Eiweißes α-Synuclein sammeln sich in den betroffenen Neuronen, die daraufhin absterben. So kommt es zu einem Dopaminmangel und damit auch zu einem Ungleichgewicht einiger Botenstoffe. Erst wenn sechzig Prozent des Dopamins fehlen, kommt es tatsächlich zur Parkinson-Erkrankung.⁶
Die Braak-Hypothese besagt, dass Parkinson in der Nasenschleimhaut und im Darm beginnt. Tatsächlich haben wissenschaftliche Studien Hinweise geliefert, dass zumindest der Darm an der Entstehung von Parkinson beteiligt sein könnte. Es zeigte sich, dass lokale Entzündungen und oxidativer Stress im Darm – ausgelöst etwa durch Umweltgifte oder eine Dysbiose der Darmflora – zur Verbreitung von Neuroinflammation führen.⁷,⁸
Neben dem IPS gibt es noch andere Formen der Erkrankung:
- Das atypische Parkinson-Syndrom entsteht infolge anderer Erkrankungen.
- Das familiäre Parkinson-Syndrom ist genetisch bedingt.
- Zum symptomatischen Parkinson-Syndrom kann die Einnahme bestimmter Medikamente führen, etwa Neuroleptika.
Symptome: Was bedeutet Parkinson für Betroffene?
Die möglichen Morbus Parkinson-Symptome sind vielfältig und können bei jeder und jedem Betroffenen etwas anders ausgeprägt sein. Akinese, Rigor und Tremor gehören zu den typischen Beschwerden.
- Bei der Akinese handelt es sich um eine Störung der spontanen Bewegungen bis hin zu ihrem vollständigen Ausbleiben. In der Folge wirkt beispielsweise der Gesichtsausdruck maskenhaft, die Betroffenen haben einen schlurfenden Gang.
- Der Rigor äußert sich durch eine gesteigerte Spannung der Skelettmuskulatur, die unter anderem Fehlhaltungen und Muskelschmerzen verursachen kann.
- Der Parkinson-Tremor ist ein Zittern im Ruhezustand. Es tritt anfangs einseitig auf und nimmt bei psychischem Stress zu. Vor allem die Finger sind betroffen. Zudem kann es zu einem Haltetremor kommen.
Neun von zehn Betroffenen leiden unter Riechstörungen⁹ – genau wie Verdauungsbeschwerden beginnen diese schon vor motorischen Störungen.
Zu den weiteren möglichen Symptomen gehören
- Fallneigung
- vegetative Störungen, z.B. vermehrter Speichelfluss, gestörte Blutdruckregulation, erhöhte Aktivität der Talgdrüsen, häufiger Harndrang, sexuelle Störungen
- Schmerzen
- neuropsychiatrische Störungen wie Depressionen
- Schlafstörungen, z.B. Restless-Legs-Syndrom
- gestörte Reizwahrnehmung, Sehstörungen
- Fatigue
- posturale Instabilität, bei der die aufrechte Körperhaltung instabil wird
Jede dritte betroffene Person entwickelt im Verlauf der Erkrankung zudem eine Parkinson-Demenz.[10]
Es gibt unterschiedliche Formen des Pakinson-Verlaufs:
Akinese | Rigor | Tremor | |
Akinetisch-rigider Typ | stärker | stärker | kaum oder gar nicht |
Äquivalenztyp | gleich stark | gleich stark | gleich stark |
Monosymptomatischer Ruhetremor (sehr selten) | gar nicht | gar nicht | einziges Symptom |
Tremordominanztyp | leicht | leicht | stark |
Die Prognose ist beim Tremordominanztyp besonders gut, da diese Form eher langsam voranschreitet. Ist der Rigor das dominierende Symptom, ist die Prognose schlechter und es treten mehr kognitive Einschränkungen auf.
IPS ist eine fortschreitende, nicht heilbare Erkrankung. Nach zehn Jahren mit Parkinson ist die Lebenserwartung etwas vermindert.¹¹,¹² Je früher und besser die Behandlung, desto besser ist auch die Lebenserwartung. Zur Pflegebedürftigkeit kommt es meist ab zwanzig Jahre nach Krankheitsbeginn.¹³,¹⁴
Einen medizinischen Notfall stellt die akinetische Krise dar. Diese Komplikation kann durch das Absetzen der Medikation und akute Infekte auftreten. Sie äußert sich vor allem in Form von Bewegungsstarre und Schluckstörungen.
Parkinson-Therapie: Wie wird Morbus Parkinson behandelt?
Die medikamentöse Morbus Parkinson-Therapie ist abhängig von der Schwere der Erkrankung und dem Alter der oder des Betroffenen.
Bei Patientinnen und Patienten über siebzig wird L-Dopa (Levodopa) in Kombination mit einem Decarboxylasehemmer eingesetzt. Reicht die Wirkung nicht aus, ist eine Ergänzung um einen Dopaminagonisten oder einen COMT-Hemmer möglich.
L-Dopa ist eine Vorstufe von Dopamin. Damit es nicht schon im Blut umgewandelt wird, kombiniert man Levodopa mit einem Decarboxylasehemmer. Generell sind die Wirksamkeit und Verträglichkeit gut.
L-Dopa-Einsatz bei Parkinson: Altersspezifische Anpassungen und Langzeitstrategien
Dennoch wird L-Dopa erst ab einem Alter von siebzig Jahren eingesetzt, denn als Spätfolge der Behandlung können Bewegungsstörungen auftreten. Zudem kann nach einem längeren Einnahmezeitpunkt die Wirksamkeit nachlassen oder schwanken. In einem solchen Fall können eine Dosisänderung oder ein Wechsel zu einem Retardpräparat sinnvoll sein. Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz einer Medikamentenpumpe.
Betroffenen unter siebzig stehen folgende Parkinsonmedikamente zur Verfügung:
- Monoaminoxidasehemmer (MAO-Hemmer) reduzieren den Dopamin-Abbau.
- Dopaminagonisten ähneln Dopamin und sind in der Lage, die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden. Bei längerer Anwendung können auch hier Wirksamkeitsschwankungen auftreten, allerdings wesentlich seltener als bei L-Dopa.
- Reicht die Wirkung der genannten Präparate nicht aus, erfolgt eine Behandlung mit Levodopa zusammen mit einem Decarboxylasehemmer. Gegebenenfalls wird dazu ein COMT-Inhibitor kombiniert, der den Dopamin-Abbau hemmt.
Je nach Beschwerdelast kann ergänzend eine symptomatische Therapie erfolgen. Anticholinergika können zur Termorbehandlung eingesetzt werden, weil sie den Acetylcholinüberschuss im Gehirn reduzieren. NMDA-Antagonisten hemmen die Glutamatwirkung. Fachleute vermuten, dass sie so ein durch den Dopaminmangel ausgelöstes Ungleichgewicht ausgleichen.
Jede dritte betroffene Person entwickelt mit der Zeit eine durch die Parkinsonmittel ausgelöste Psychose[1⁵], die dringend ärztlicher Behandlung bedarf.
Zusätzlich zur medikamentösen Therapie sind auch Physio- und Ergotherapie sowie Logopädie für Parkinson-Betroffene hilfreich. Auch ein Hirnschrittmacher kann beim IPS eingesetzt werden.
Morbus Parkinson: Das Wichtigste für PTA im Überblick
- Morbus Parkinson ist eine chronisch-progrediente, degenerative Erkrankung des ZNS, bei der ein Dopaminmangel entsteht.
- Die Leitsymptome sind Akinese, Rigor und Tremor.
- Betroffene ab dem siebzigsten Lebensjahr werden mit L-Dopa behandelt, jüngere Patientinnen und Patienten bevorzugt mit MAO-Hemmern oder Dopaminagonisten.
Quellenangabe
- Pschyrembel Online | Parkinson-Syndrom
- Pschyrembel Online | Parkinson-Syndrom
- Pschyrembel Online | Parkinson-Syndrom
- Parkinson’s disease is an autoimmune disease: A reappraisal – ScienceDirect
- Neuroinflammation and Peripheral Immune Infiltration in Parkinson’s Disease: An Autoimmune Hypothesis – Angela J. Monahan, Michael Warren, Paul M. Carvey, 2008 (sagepub.com)
- Parkinson-Syndrom: Symptome, Verlauf, Therapie – NetDoktor
- Exploring Braak’s Hypothesis of Parkinson’s Disease – PMC (nih.gov)
- Parkinson beginnt im Darm und gelangt über den Vagusnerv ins Hirn (morbus-parkinson-aktuell.de)
- Pschyrembel Online
- Parkinson-Syndrom: Symptome, Verlauf, Therapie – NetDoktor
- Pschyrembel Online | Parkinson-Syndrom
- Parkinson-Syndrom: Symptome, Verlauf, Therapie – NetDoktor
- Parkinson-Syndrom: Symptome, Verlauf, Therapie – NetDoktor
- Pschyrembel Online | Parkinson-Syndrom
- Parkinson-Syndrom: Symptome, Verlauf, Therapie – NetDoktor
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