Mit Pflanzen heilen – oder schaden
Wohl und Wehe, Wirkung und Nebenwirkung liegen bei Heilmitteln nah beieinander – auch und gerade bei Heilpflanzen. Den Unterschied zwischen Heil- und Giftpflanze macht meist nur die Dosis aus, und die kann von Pflanze zu Pflanze stark variieren.
Skandale um gefälschte Studien und Scheininnovationen, aber auch ein generelles Bewusstsein für gesunde und natürliche Lebensführung lassen pflanzliche Heilmittel hoch im Kurs stehen: Jedes dritte Rezeptfreie Medikament, dass in der Apotheke über den Verkaufstisch geht, ist ein Naturheilmittel. Doch wie sieht es aus mit den Möglichkeiten, den eigenen Garten in eine Apotheke zu verwandeln? Grundsätzlich gut, in unseren Breiten wachsen viele potente Heilpflanzen. Durch den gezielten Einsatz pflanzlicher Arzneien lassen sich viele positive Effekte erzeugen. Aber der Medizinschrank von Mutter Natur hält auch ein paar Gemeinheiten bereit. Wer meint, mit Kräutern und Blüten könne man nichts falsch machen, unterschätzt die Kraft der Natur.
Wer mit Heilpflanzen arbeiten will, sollte über umfangreiches Wissen über jede der eingesetzten Pflanzen verfügen. Denn während einige Heilpflanzen- und Kräuter recht bedenkenlos verarbeitet und angewendet werden können, sind andere bei falscher Anwendung sehr gefährlich. Der entzündungshemmende Beinwell beispielsweise kann äußerlich bei Zerrungen und Prellungen angewendet werden. Eine innere Anwendung hingegen schädigt die Leber und wurde in einigen Ländern bereits verboten.
Tatsächlich wird in der einschlägigen Literatur nicht zwischen Giftpflanzen, Heilpflanzen oder Arzneipflanzen unterschieden. Denn ob oder wie ein Stoff wirkt, ist zum einen Dosisabhängig und zum anderen auf die Art der Verarbeitung bzw. Verabreichung zurückzuführen.
Natürlich ist nicht bei jeder heilenden Pflanze zugleich eine Gefahr für Leib und Leben gegeben. Vergiftungen durch Pflanzen sind aber leider gerade bei Kindern sehr häufig. Hier ein paar allgemeine Hinweise zum Umgang mit Heil- und Giftpflanzen.
Sie sind allgegenwärtig
Heil- und Giftpflanzen sind überall anzutreffen, egal ob in der freien Natur, gepflegten Gärten oder öffentlichen Parkanlagen. Darunter sind mild giftige wie der Efeu, der beispielsweise zur Behandlung rheumatischer Erkrankungen eingesetzt wird. Aber auch potenziell tödliche Pflanzen wie die Eibe, deren Taxane in der Chemotherapie zur Anwendung kommen können, finden sich an öffentlichen Orten.
Gerade auch als Zierpflanzen eingesetzte Gewächse wie Eisen- oder Fingerhut können schwere Vergiftungserscheinungen auslösen. Wer kleine Kinder im Haushalt hat, sollte sich über die möglichen Risiken informieren. Übersichtliche Informationen zur Wirkung verschiedener Giftpflanzen bieten die Gift-Informationszentralen (GIZ). Eine Aufführung von Quellen und Verweisen steht am Ende des Artikels.
Nie auf eigene Faust
Die in einer Pflanze enthaltene Menge Wirkstoff lässt sich nicht von außen sehen. Ob gewisse Inhaltsstoffe in hoher oder niedriger Konzentration auftreten, kann vom Standort, dem Zeitpunkt der Ernte, dem allgemeinen Klima, der Bodenbeschaffenheit und weiteren Faktoren abhängen. Aus diesem Grund werden manche ursprünglich biogene (aus der Pflanze entnommene) Wirkstoffe mittlerweile synthetisch und somit in gleichbleibender Qualität hergestellt.
Wer sich selbst mit Heilpflanzen behelfen will, die auch als Giftpflanzen wirken, spielt ein Spiel mit dem Feuer. Nicht ohne Grund werden manche Pflanzen, beispielsweise der bereits erwähnte Eisenhut, nur in homöopathischen Mitteln, also extrem stark verdünnt, angewendet.
Im Zweifelsfall ist es immer angeraten, sich über das Risikopotenzial der Pflanze zu informieren und eine Behandlung mit dem Arzt abzusprechen. Da Heilpflanzen grundsätzlich Wirkstoffgemische enthalten, sollten eventuelle Wechselwirkungen bedacht werden.
Was tun bei Vergiftungserscheinungen?
Als erster Schritt empfiehlt sich der Anruf in der Giftinformationszentrale (GIZ) bzw. dem Gift-Notruf. Es gibt bundesweit verschiedene GIZ die meist für mehrere Bundesländer zuständig sind.
Liste der Giftnotrufnummern Bundesweit
Baden-Württemberg | 0761/19240 |
Bayern | 089/19240 |
Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein | 030/19240 |
Niedersachsen | 0551/19240 |
Hessen, Rheinland-Pfalz | 06131/19240 |
Saarland | 06841/19240 |
Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen | 0361/730730 |
Nordrhein-Westfalen | 0228/19240 |
Sollte ein Arztbesuch angeraten werden, nehmen Sie wenn möglich die fragliche Pflanze mit, um Missverständnissen vorzubeugen.
Das sollten Sie als PTA wissen
- Heilpflanzen wirken je nach Dosierung oft auch als Giftpflanzen
- Giftpflanzen sind allgegenwärtig und können als Ursache von Übelkeit, Schwindel usw. gerade bei Kindern nicht ausgeschlossen werden.
- Informationen und Anschauungsmaterial zu Giftpflanzen sind online bei den GIZ erhältlich.
- Die Wirkung von Heilpflanzen ist in der Regel nicht zuverlässig abschätzbar.
- Da Heilpflanzen Wirkstoffgemische enthalten, sollten mögliche Wechsel- und Nebenwirkungen geprüft werden.
Lesen Sie auch folgende Artikel
- „Wir haben Scharlach!“ – was Eltern und PTA wissen sollten
26.11.2024: Zu Beginn der kalten Jahreszeit häufen sich auch die Scharlach-Infektionen. Anhand der Symptome kann der Arzt meist eine eindeutige Diagnose stellen, der positive Abstrich auf Streptokokken der Sero-Gruppe A gibt dann Sicherheit.
Mehr erfahren - Mangelernährung: Ernährungsmediziner fordern Maßnahmen
14.11.2024: Berlin, 12. November 2024 – Mangelernährung in deutschen Krankenhäusern betrifft jeden vierten bis fünften Patienten und bleibt oft unbehandelt. Mit fatalen Folgen.
Mehr erfahren - E-Rezept: Was Sie jetzt darüber wissen sollten
12.11.2024: E-Rezept: Was Sie jetzt unbedingt darüber wissen sollten Das elektronische Rezept hat die farbigen Formulare aus Papier abgelöst. Apotheken- und verschreibungspflichtige Medikamente können Patienten jetzt
Mehr erfahren
Schreiben Sie einen Kommentar