Bei Hyperhidrose leiden Betroffene unter übermäßigem, krankhaftem Schwitzen. Dies kann lokal (etwa im Achselbereich) oder generalisiert auftreten. Als Ursache kommen unter anderem eine erbliche Veranlagung, endokrinologische und neurologische Erkrankungen in Betracht. Die Behandlung erfolgt zunächst lokal; auch die Einnahme von systemischen Anticholinergika und anderen Präparaten ist möglich. Was bei der Apothekenberatung zu Hyperhidrose wichtig ist, erfahrt ihr im Folgenden.

Einführung: Hyperhidrose – was ist das?

Hyperhidrose steht für übermäßiges, krankhaftes Schwitzen. Sie kann einzelne Stellen oder den ganzen Körper betreffen. Die Angaben zur Häufigkeit schwanken zwischen einer[1] und drei[2] betroffenen Personen von hundert; häufig trifft es junge Menschen[1] .

Grundsätzlich ist das Schwitzen eine wichtige Funktion des menschlichen Körpers: Es dient der Temperaturregulierung des Organismus. Bei Hyperhidrose geht das Schwitzen jedoch über das physiologische Ausmaß hinaus.

Der Leidensdruck der Betroffenen ist sehr groß, die Lebensqualität verringert.[3] Weil sie sich für das starke Schwitzen schämen, schränken sie beispielsweise soziale Kontakte ein und vermeiden Händeschütteln.

Dieser Faktor ist bei der Apothekenberatung sehr wichtig. Starkes Schwitzen ist schambesetzt, wird häufig als unhygienisch angesehen – auch von den Betroffenen selbst. Wenn Menschen wegen Hyperhidrose die Apotheke aufsuchen, ist das für sie häufig ein Angang. Hier sind Fingerspitzengefühl und professionelles Auftreten gefragt, damit die Betroffenen sich gut aufgehoben fühlen.

Symptome: Wie äußert sich Hyperhidrose?

Das starke Schwitzen bei Hyperhidrose geht über die normale Schweißbildung hinaus. Es kann dazu kommen, dass sich Schweißtropfen auf der Haut und Schweißflecken auf der Kleidung bilden. Auslöser wie Anstrengung, Hitze und psychischer Stress verschlimmern die Symptome; diese treten jedoch auch unabhängig von den genannten Auslösern auf.

Bei etwa der Hälfte der Betroffenen beschränkt sich die übermäßige Schweißbildung auf die Achseln.[7] Zudem kann lokale Hyperhidrose den Kopf betreffen. Auch Hyperhidrose an Händen und/oder Füßen ist möglich. Sie kann jedoch auch generalisiert auftreten und dann den gesamten Körper betreffen (generalisierte Hyperhidrose).

Die Diagnose erfolgt Anhand von Sichtbarmachung der Schweißproduktion. Das dient dazu, die Intensität sowie die Lokalisation genau zu bestimmen. Anhand der Hautfeuchtigkeit und Schweißflecken wird die Hyperhidrose in Schweregrade von I bis III eingeteilt.

Ursachen: Wie entsteht Hyperhidrose?

Hyperhidrose kann primär und sekundär auftreten. Die primäre Hyperhidrose ist eine Störung des vegetativen Nervensystems aufgrund einer erblichen Veranlagung; häufig sind mehrere Familienmitglieder betroffen. Es handelt sich um eine Fehlfunktion des Nervensystems, nicht der Schweißdrüsen selbst. Oft sind Personen betroffen, deren Lebensumstände schwierig sind oder die psychische Probleme haben.[1]

Die sekundäre Hyperhidrose kann zahlreiche verschiedene Ursachen haben. Dazu gehören

  • Infektionen
  • maligne Erkrankungen
  • neurologische Erkrankungen
    Bei gleichzeitig erhöhter Talgproduktion handelt es sich um Hyperhidrosis oleosa, die vor allem in Verbindung mit Parkinson auftreten kann.
  • endokrinologische Störungen, etwa Diabetes mellitus oder Schilddrüsenerkrankungen
  • Wechseljahre
  • Fibromyalgie[4]
  • Stress, psychische Erkrankungen
  • Vergiftungen
  • Entzug von Nikotin, Alkohol, Drogen
  • Medikamente (Glukokortikoide, Salicylsäure, Parasympathomimetika[5], SSRI[5], Opioide[5], trizyklische Antidepressiva[5])

Therapie: Wie wird Hyperhidrose behandelt?

Im Fall von sekundärer Hyperhidrose steht die Therapie der Ursache im Vordergrund. Bei primärer Hyperhidrose ist schrittweises Vorgehen gefragt. Die Hyperhidrose-Behandlung ist hier abhängig davon, ob es sich um eine generalisierte oder lokale Hyperhidrose handelt; bei der lokalen Form spielt auch eine Rolle, welcher Körperbereich betroffen ist.

Zunächst erfolgt die Therapie gerade bei axillärer Hyperhidrose mit einem Aluminiumchlorid-Deo, das hier die Behandlung erster Wahl ist.[6] Das Aluminiumchlorid verhindert die Schweißsekretion, indem es die Austrittskanäle der Schweißdrüsen verschließt. Bei langfristiger Anwendung geht wohl sogar die Anzahl der Schweißdrüsen zurück.[2] Die Konzentration zum Einstieg ist niedrig, es können aber auch höhere Dosen eingesetzt werden. Die Anwendung des Deos kann zu Hautreizungen führen. So ist es wichtig, eine Dosis zu finden, die einerseits ausreichend stark wirkt, andererseits die Haut nicht zu stark reizt. Zunächst wird das Deo täglich verwendet, später werden die Abstände zwischen den einzelnen Anwendungen größer. Zu aluminiumhaltigen Deos besteht oft erhöhter Beratungsbedarf. Was bei dem Thema wichtig ist, erfahrt ihr in diesem Video.

Die Behandlung mit Botulinumtoxin (»Botox«) erfolgt ebenfalls vor allem bei Hyperhidrose im Achselbereich. Die Nerven, die die Schweißdrüsen versorgen, werden dabei blockiert. Die Injektionen müssen regelmäßig erfolgen. Muskellähmungen können als Nebenwirkung auftreten.

Die Leitungswasser-Iontophorese kommt vor allem bei Hyperhidrose an Händen und/oder Füßen zum Einsatz. Um die Schweißproduktion zu regulieren, wird mithilfe von Elektroden und Leitungswasser elektrischer Strom durch die betroffenen Bereiche des Körpers geleitet. Zunächst findet die Behandlung mindestens mehrmals pro Woche statt, später seltener. Als Nebenwirkungen können Rötungen, Schmerzen in den behandelten Bereichen, kleine Verbrennungen sowie Bläschenbildung auftreten.

Auch Behandlungen mit Radiofrequenz, Ultraschall oder Mikrowellen sind in der Leitlinie zu finden.[7] Mögliche Nebenwirkungen sind Nervenschädigungen.

Insbesondere bei generalisierter Hyperhidrose ist eine Therapie mit Anticholinergika möglich.[2],[8],[9] In Einzelfällen kommen auch Antidepressiva, Blutdrucksenker, Neuroleptika und Beruhigungsmittel als Hyperhidrose-Medikamente zum Einsatz.[2],[7]

Zusätzlich zu den oben genannten Behandlungsmethoden sind auch lebensstiländernde Maßnahmen von Bedeutung. Dazu gehören etwa das Erlernen einer Entspannungstechnik sowie die Reduzierung von Stress.

Hilft das alles nicht, können im Rahmen eines operativen Eingriffs die betroffenen Nerven blockiert oder die Schweißdrüsen entfernt werden.

Hyperhidrose: Kompakt-Wissen für PTA

  • Hyperhidrose ist krankhaftes Schwitzen, das generalisiert oder lokal (vor allem im Achselbereich) auftreten kann.
  • Zugrunde liegt bei primärer Hyperhidrose eine Fehlfunktion des Nervensystems.
  • Mögliche Ursachen für sekundäre Hyperhidrose sind beispielsweise bestimmte Erkrankungen, Stress und die Einnahme gewisser Medikamente.
  • Die Behandlung erfolgt zunächst lokal (etwa mit Aluminiumchloriddeo), auch Medikamente wie Anticholinergika können zum Einsatz kommen.
  • Hier findet ihr die Leitlinie der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft.

[1] Atkins JL, Butler PE. Hyperhidrosis: a review of current management. Plast Reconstr Surg. 2002 Jul;110(1):222-8. doi: 10.1097/00006534-200207000-00039. PMID: 12087259.

[2] Schlereth T, Dieterich M, Birklein F. Hyperhidrosis–causes and treatment of enhanced sweating. Dtsch Arztebl Int. 2009 Jan;106(3):32-7. doi: 10.3238/arztebl.2009.0032. Epub 2009 Jan 16. PMID: 19564960; PMCID: PMC2695293.

[3] Henning, M.A.S., Ibler, K.S., Loft, I. et al. The health-related quality of life in hyperhidrosis and co-morbidities. Qual Life Res 31, 2331–2340 (2022). https://doi.org/10.1007/s11136-022-03108-z

[4] Laniosz, V., Wetter, D.A. & Godar, D.A. Dermatologic manifestations of fibromyalgia. Clin Rheumatol 33, 1009–1013 (2014). https://doi.org/10.1007/s10067-014-2488-3

[5] Cheshire, W.P., Fealey, R.D. Drug-Induced Hyperhidrosis and Hypohidrosis. Drug-Safety 31, 109–126 (2008). https://doi.org/10.2165/00002018-200831020-00002

[6] Scholes KT, Crow KD, Ellis JP, Harman RR, Saihan EM. Axillary hyperhidrosis treated with alcoholic solution of aluminium chloride hexahydrate. Br Med J. 1978 Jul 8;2(6130):84-5. doi: 10.1136/bmj.2.6130.84. PMID: 667571; PMCID: PMC1605859.

[7] https://register.awmf.org/assets/guidelines/013-059l_S1_Hyperhidrose_Definition_Therapie_2018-01-verlaengert_01.pdf

[8] Hund, Martina, Ronald Sinkgraven, and Berthold Rzany. „Randomisierte, plazebokontrollierte klinische Doppelblindstudie zur Wirksamkeit und Verträglichkeit der oralen Therapie mit Methantheliniumbromid (Vagantin®) bei fokaler Hyperhidrose: Randomized, placebo‐controlled, double blind clinical trial for the evaluation of the efficacy and safety of oral methantheliniumbromide (Vagantin®) in the treatment of focal hyperhidrosis.“ JDDG: Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft  2.5 (2004): 343-349.)

[9] Wohlrab, J., Kreft, B. Hyperhidrose – Ätiopathogenese, Diagnostik, Klinik und Therapie. Hautarzt 69, 857–869 (2018). https://doi.org/10.1007/s00105-018-4265-8