Migräne in der Schwangerschaft: Symptomatik und Therapie
Glücklicherweise leiden viele Frauen in der Schwangerschaft wesentlich seltener oder gar nicht an Migräne. Dieser schöne Umstand ist vermutlich auf die veränderte Hormonlage zurückzuführen. Die Umstellung im Wochenbett kann später jedoch zu erneuten Migräneattacken führen.
In diesem Artikel geben wir einen Überblick über typische Symptome und die klinische Ausprägung der Migräne während der Schwangerschaft sowie über präventive Maßnahmen und Behandlungsmöglichkeiten.

Ursachen und Risikofaktoren der Migräne
Migräne zählt neben dem Spannungskopfschmerz zu den häufigsten Formen des Kopfschmerzes, wobei sich der Schmerzcharakter deutlich unterscheidet. Sie zählt zu den neurologischen Erkrankungen und wird den primären Kopfschmerzformen zugeordnet.
Dabei weisen Migränepatienten keine auffälligen strukturellen Veränderungen im Gehirn auf; der anatomische Aufbau bleibt unversehrt und unauffällig. Trotzdem zeigt ihr Nervensystem eine erhöhte Empfindlichkeit in der Reizverarbeitung, die vermutlich genetisch bedingt ist.
Sensorische Reize wie plötzliche, intensive oder vielfältige Stimuli können eine übermäßige Aktivierung der Nervenzellen hervorrufen. Diese Überaktivierung führt zu einem erhöhten Energiebedarf der Zellen, was letztlich die Energiereserven erschöpft. Diese Erschöpfung kann wiederholt zu einer Fehlregulation der neuronalen Funktionen führen und dadurch eine Migräneattacke auslösen.1
Wie entzündliche Prozesse Migräneschmerzen verstärken
Während einer solchen Fehlregulation werden entzündliche Botenstoffe im Bereich der Arterien der Hirnhäute freigesetzt. Diese Substanzen machen die Hirnhäute empfindlicher gegenüber äußeren Reizen.
Dies erklärt den typischen pochenden oder pulsierenden Schmerz bei einer Migräneattacke, der sich durch Pulsschläge oder Kopfbewegungen verstärkt. Der Migräneschmerz beruht somit auf einer neurogenen Entzündung, die mit einer gesteigerten Schmerzempfindlichkeit der Hirnhäute einhergeht.1

Triggerfaktoren, die Migräne begünstigen
Die Entstehung von Migräne ist multifaktoriell. Im Mittelpunkt stehen biochemische Veränderungen im serotonergen System sowie entzündliche Prozesse an den Gefäßen der Hirnhäute.2 Neben einer genetischen Veranlagung können auch Triggerfaktoren eine Migräneattacke begünstigen, jedoch ohne die eigentliche Ursache zu sein.
Betroffene wissen meist um ihre individuellen Migräne-Auslöser, wie beispielsweise ein veränderter Schlaf-Wach-Rhythmus, bestimmte Nahrungsmittel oder Stresssituationen.
Meist müssen mehrere Faktoren zusammenwirken, damit ein Migräneanfall entsteht. Zu den häufigsten Triggern zählen2:
- Reizüberflutung
- Emotionale Belastungen oder Entspannung nach Stress
- Veränderungen des Schlaf-Wach-Rhythmus
- Flüssigkeitsmangel
- Hormonelle Schwankungen
- Niedriger Blutzucker (Hypoglykämie)
- Wetterumschwünge (z. B. Föhn oder grelles Licht)
- Bestimmte Lebens- und Genussmittel
Wichtig: Migräne ist eine eigenständige Erkrankung und keine Folge anderer Erkrankungen.
Migräne-Symptome – von der Aura bis hin zu einseitigen Kopfschmerzen
Zu den charakteristischen Symptomen der Migräne zählen mäßig bis sehr starke, meist einseitige Schmerzen. Diese haben in der Regel einen klopfenden oder pulsierenden Charakter. Körperliche Betätigungen erhöhen die Schmerzintensität und der Alltag lässt sich während eines Migräneanfalls in den meisten Fällen nicht weiterführen.3
Wenn Licht und Geräusche unerträglich werden
Eine hohe Licht- und Geräuschempfindlichkeit plagt die Patienten neben der Schmerzattacke zusätzlich und viele Betroffene ziehen sich in abgedunkelte Räume zurück und müssen sich hinlegen. Bei einigen werden die Symptome von Übelkeit und Erbrechen begleitet.
Dem vorausgehend tritt bei bis zu 30 Prozent4 der Migräniker eine sogenannte Aura auf. Üblicherweise kündigt sie einen Anfall an und ist u.a. durch Sensibilitätsstörungen, Augenflimmern bis hin zu Sprachstörungen geprägt. Mit ihrem Verschwinden beginnt in der Regel der Migräneschmerz.3
Besonderheiten in der Schwangerschaft
Während der Schwangerschaft verbessert sich die Migräne bei etwa 50 bis 80 Prozent der Patientinnen, insbesondere im zweiten und dritten Trimester. Ursachen könnten konstante Hormonspiegel, ein veränderter Serotoninstoffwechsel und eine gesündere Lebensweise sein.3,5
Wichtig: Migräne ist nicht mit einem negativen Schwangerschaftsverlauf oder erhöhten Fehlbildungsraten assoziiert. Sie stellt allerdings einen Risikofaktor für hypertensive (darunter auch Präeklampsie) und vaskuläre Erkrankungen während der Schwangerschaft dar. Schwangere Migränepatientinnen haben häufiger Übelkeit und Erbrechen sowie eine Depression.6
Empfehlungen zur Migräne-Prophylaxe
Grundsätzlich sollte während der Schwangerschaft zum Wohle von Mutter und Kind auf eine gesunde Lebensweise, ausreichend Schlaf und Entspannung geachtet werden. Eine gesunde Ernährung dient nicht nur der Versorgung des Ungeborenen mit allen wichtigen Nährstoffen, auch kann nach Rücksprache mit dem behandelnden Gynäkologen die Einnahme von Magnesium zur Vorbeugung sinnvoll sein.
Untersuchungen deuten hier auf eine positive Wirkung im Zusammenhang mit der Migräne-Prophylaxe hin. Je nach Befinden und gesundheitlichen Risiken kann Sport in der Prävention hilfreich sein. Leichter Ausdauersport wie Joggen, Radfahren oder Schwimmen sowie die progressive Muskelentspannung nach Jacobsen haben sich nachweislich bewährt und können somit im Beratungsgespräch empfohlen werden. Auch sollten Entspannungstechniken, Biofeedback sowie Akupunktur nach Möglichkeit bereits bei Kinderwunsch angewendet werden.3
Ist eine Migräneprophylaxe in seltenen Fällen indiziert, sollten Metoprolol und Amitriptylin bevorzugt verwendet werden.6
Vorsicht: Topiramat ist zur Migräneprophylaxe in der Schwangerschaft kontraindiziert3.
Trigeminusneuralgie – das Wichtigste für PTA im Überblick
Wenn anfallsartig starke Schmerzen im Gesicht auftreten, kann eine Trigeminusneuralgie dahinterstecken. Die Behandlung erfolgt vor allem mit Carbamazepin oder anderen Antikonvulsiva.

Medikamentöse Behandlung starker Migräneanfälle in der Schwangerschaft
Nach einer sorgfältigen Nutzen-Risiko- Abwägung sollten Acetylsalicylsäure, Paracetamol und Ibuprofen zur medikamentösen Therapie im 1. und 2. Trimester eingesetzt werden. Sie sind Mittel der Wahl, wenn die Symptome der Migräne eine Medikation notwendig machen und alle alternativen Maßnahmen nicht ausreichen.
Ihnen sollte bei der Medikamentenwahl nach Möglichkeit der Vorzug gegeben werden. In Ausnahmefällen kann die Verabreichung von Einzeldosen Metamizol im 1. und 2. Trimenon bei starken Schmerzen gerechtfertigt sein, sofern keine alternativen Behandlungsoptionen verfügbar sind.
Wichtig: Im 3. Trimenon sollten Acetylsalicylsäure, NSAR und Metamizol nicht mehr eingesetzt werden.3
Laut aktueller Leitlinie sind Bedenken gegen die Anwendung von Paracetamol (Acetaminophen) zur Behandlung akuter Migräneattacken in der Schwangerschaft nur noch eingeschränkt gerechtfertigt. Paracetamol kann im 1., 2. und 3. Trimenon zur Behandlung leichter bis mäßiger Migräneattacken eingesetzt werden, wobei seine Wirksamkeit jedoch begrenzt ist. Wie bei jedem Medikament sollte Paracetamol während der Schwangerschaft nur bei klarer Indikation und so selten wie möglich verwendet werden.3
Medikamentenabgabe nach ärztlicher Abklärung am Beispiel der Triptane
Bei unzureichender Wirkung ist auch eine Behandlung mit Triptanen vertretbar. In diesem Fall sollte die Migräne jedoch eindeutig im Vorfeld vom behandelnden Arzt/in diagnostiziert und eine Behandlung mit Triptanen ausdrücklich empfohlen (Rezept) worden sein. Die umfangreichsten Daten liegen zur Einnahme von Sumatriptan vor.3,6,7
Sumatriptan und unterstützende Maßnahmen
Die Einnahme des Sumatriptans sollte möglichst früh, zu Beginn einer Attacke erfolgen. Jedoch nicht während der Aura, sondern erst nach Beendigung dieser, sobald der Schmerz eintritt. Das Wirkprinzip beruht auf einer Kontraktion der Hirngefäße sowie der Hemmung der neurogenen Entzündung. Für Sumatriptan wird der Erfahrungsumfang von Embryotox als sehr hoch angegeben.
Bei starker Übelkeit und Erbrechen kann aufgrund des starken Flüssigkeits- und Elektrolytverlustes die kombinierte Gabe eines Antiemetikums wie Metoclopramid sinnvoll sein.6,7
Migräne in der Schwangerschaft: Das Wichtigste für PTA im Überblick
- Migräne entsteht durch eine Überreaktion der Nervenzellen und eine neurogene Entzündung, häufig begünstigt durch familiäre Veranlagung.
- Zu den Trigger-Faktoren zählen beispielsweise grelles Licht, Schlafmangel oder intensive Gerüche, sie sind individuell verschieden und können eine Migräneattacke begünstigen.
- Der Schmerzcharakter hebt sich deutlich von anderen Kopfschmerzarten ab. Während eines Anfalls muss die Tätigkeit in der Regel unterbrochen werden. Im Gegensatz zum Spannungskopfschmerz verstärkt sich der Schmerz bei Bewegung. Man unterscheidet Migräne mit und ohne Aura.
- Grundsätzlich sollten Schwangere auf Medikamente in der Schwangerschaft verzichten. Wenn dieses aufgrund des starken Migräneschmerzes jedoch nicht möglich ist, sollte eine sorgfältige Aufklärung in der Apotheke erfolgen.
- Wenn eine medikamentöse Therapie in der Schwangerschaft notwendig ist, sollte Paracetamol der Vortritt gegeben werden.
- Auch Ibuprofen kann im 1. und 2. Trimester empfohlen werden, sollte aber im 3. Trimester nicht eingenommen werden.
- Die Abgabe von Triptanen sollte in der Schwangerschaft nach ärztlicher Bestätigung erfolgen.
- Tritt die Migräne in der Schwangerschaft erstmalig auf oder leidet die Schwangere unter starkem Erbrechen, sollte auf ein Krankenhaus verwiesen werden.
Weiterführende Informationen zur Migräne in der Schwangerschaft findet Ihr hier.
Lesen Sie auch folgende Artikel
Globuli-Herstellung in der Apotheke: Vom Rohstoff zum Kügelchen
26.02.2025: In der Apotheke werden Globuli nach dem Prinzip „Ähnliches möge durch Ähnliches geheilt werden“ hergestellt. Zuckerstreukügelchen werden aus homöopathischen Rohstoffen gefertigt.
Mehr erfahrenApotheken bieten Selbsttests auf verschiedene Infektionen an
25.02.2025: In Berlin dürfen Apotheken seit einer Änderung der Medizinprodukte-Abgabeverordnung auch Streptokokken-Tests für Laien abgeben. Dr. Armin Hoffmann betont die Bedeutung schneller Diagnosen für eine rechtzeitige Behandlung.
Mehr erfahrenEisenmangel in der Schwangerschaft – richtig vorbeugen
19.02.2025: Eisenmangel ist in der Schwangerschaft häufig und birgt Risiken. Der Bedarf verdoppelt sich, daher ist gezielte Beratung wichtig, um eine optimale Versorgung zu sichern.
Mehr erfahren
Schreiben Sie einen Kommentar