Trigeminusneuralgie – das Wichtigste für PTA im Überblick
Wenn anfallsartig starke Schmerzen im Gesicht auftreten, kann eine Trigeminusneuralgie dahinterstecken. Die Behandlung erfolgt vor allem mit Carbamazepin oder anderen Antikonvulsiva, auch eine operative Therapie ist möglich.
Betroffene leiden mitunter sehr unter den Symptomen. Umso wichtiger ist eine fachkundige Beratung in der Apotheke. Das nötige Wissen dazu findet ihr in diesem Artikel.
Einführung: Trigeminusneuralgie – was ist das?
Durch eine Trigeminusneuralgie (TN) ausgelöste Schmerzen gehören zu den stärksten Schmerzen überhaupt. Sie treten anfallsartig auf; die Attacken dauern bis zu zwei Minuten.[1][2] Betroffene empfinden den Schmerz als stechend.
Die Symptome können im gesamten Versorgungsbereich des Trigeminusnervs auftreten, also auch wie Augen-, Ohren- oder Zahnschmerz wahrgenommen werden.
Die TN tritt eher selten auf: Zwischen 4,2 und 27 von 100.000 Menschen erkranken pro Jahr neu.[3] Es handelt sich um eine Funktionsstörung des Nervus trigeminus.
Fachleute unterscheiden zwischen drei verschiedenen Formen der Erkrankung:
- klassische/primäre Trigeminusneuralgie: Betroffen sind vor allem Frauen mittleren bis höheren Alters.[2] Die Ursache für die Symptome, die ausschließlich einseitig auftreten, ist der Druck eines Blutgefäßes auf den Trigeminusnerv. In den Intervallen zwischen den Schmerzattacken sind die Betroffenen beschwerdefrei.
- sekundäre Trigeminusneuralgie: Sie kommt häufiger auch bei jüngeren Menschen vor[2] und wird durch eine zugrundeliegende Erkrankung ausgelöst. So können beispielsweise Multiple Sklerose oder ein Tumor die Ursache sein. Die Schmerzen treten nicht zwingend nur einseitig auf. Beschwerdefreiheit zwischen den Attacken ist nicht immer gegeben. So können Betroffene beispielsweise unter einem dumpfen Dauerschmerz und/oder anhaltenden Sensibilitätsstörungen leiden.
- idiopathische Trigeminusneuralgie: Unter diesem Begriff werden die Fälle zusammengefasst, bei denen weder eine primäre noch eine sekundäre Trigeminusneuralgie vorliegt; die Beschwerden treten ohne erkennbare Ursache auf.
Die Diagnose erfolgt beim Neurologen. Neben der Anamnese und einer neurologischen Untersuchung können auch bildgebende Verfahren wie CT oder MRT, Bluttests und eine Untersuchung des Nervenwassers mittels Lumbalpunktion zum Einsatz kommen.
Was ist eine Trigeminusneuralgie: die Symptome
Die International Headache Society hat für die Diagnose einer TN Kriterien formuliert.[1] Es handelt sich demzufolge um eine Trigeminusneuralgie, wenn die Schmerzen
- pro Attacke wenige Sekunden bis maximal zwei Minuten andauern,
- wie ein elektrischer Schock, als einschießend, stechend oder scharf empfunden werden,
- durch harmlose Reize im Bereich des Trigeminusnervs verursacht werden (dazu gleich mehr) und
- nicht durch eine andere Erkrankung erklärt werden können. Auszuschließen sind insbesondere Erkrankungen wie Cluster-Kopfschmerz und Migräne.
Die oben beschriebenen Schmerzen können durch minimale Reize wie einen kalten Luftzug, leichte Berührungen oder Bewegungen beim Kauen, Schlucken oder Sprechen ausgelöst werden. Da sie so stark sind, können sie von Muskelzucken begleitet werden. Umgangssprachlich wird die Trigeminusneuralgie in Frankreich daher Tic douloureux genannt, also schmerzhafter Tic.
Zum Teil liegen zwischen den einzelnen Schmerzattacken mehrere beschwerdefreie Monate. Im Verlauf der Erkrankung können diese Intervalle immer kürzer werden, die Schmerzen stärker.
Der Leidensdruck der Betroffenen ist groß. So haben Studien gezeigt, dass bei Menschen mit Trigeminusneuralgie das Risiko für Depressionen[4][5][6], Angsterkrankungen[5][6] und Schlafstörungen[6] erhöht ist.
Ursprung und Auslöser: Was verursacht die Trigeminusneuralgie?
Bislang sind keine wissenschaftlich bestätigten Risikofaktoren bekannt.[3][7] Entzündungsprozesse könnten Studien zufolge eine Rolle spielen.[7][8][9]
Therapie: Wie wird die Trigeminusneuralgie behandelt?
Gemäß der Leitlinie von 2012 ist Carbamazepin das Mittel der Wahl.[10] Auch andere Antikonvulsiva, das Muskelrelaxans Baclofen und Psychopharmaka können eingesetzt werden. Liegt den Beschwerden MS zugrunde, kann Misoprostol verordnet werden.[10] Bevorzugt wird eine Monotherapie. Bei fehlendem Erfolg ist aber auch eine Kombitherapie mit mehreren Präparaten möglich.
Die Einnahme von Analgetika im Akutfall ist nicht sinnvoll. Die Schmerzattacken dauern nicht »lange genug«, damit die Medikamente ihre Wirkung entfalten könnten. Schwere Exazerbationen werden mit Phenytoin-Infusionen therapiert.
Liegt erwiesenermaßen eine primäre TN vor oder bleibt die medikamentöse Therapie ohne Erfolg, können verschiedene operative Methoden in Betracht gezogen werden.
Akupunktur als Behandlungsmethode für die Trigeminusneuralgie steht nicht in der Leitlinie. Die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien deuten aber auf einen therapeutischen Effekt[11] sowie eine vorbeugende Wirkung gegen Depression bei TN[12] hin.
Trigeminusneuralgie: Kompaktwissen für PTA
- Charakteristisch für eine TN sind einschießende, stärkste Schmerzen im Versorgungsbereich des Nervus trigeminus. Die Beschwerden halten nicht länger als zwei Minuten an.
- Unterschieden wird zwischen primärer, sekundärer und idiopathischer Trigeminusneuralgie. So kann eine Nervenkompression durch ein Gefäß die Ursache sein, aber auch eine zugrundeliegende Erkrankung wie MS. Nicht immer findet der behandelnde Arzt einen Auslöser.
- Risikofaktoren sind der Wissenschaft bislang nicht bekannt.
- Die Behandlung erfolgt vorzugsweise mit dem Antikonvulsivum Carbamazepin. Auch eine Mono- oder Kombitherapie mit anderen Wirkstoffen ist möglich, ebenso der Einsatz eines operativen Verfahrens.
- Da die Schmerzattacken nach kurzer Zeit vorübergehen, ist eine Akutbehandlung mit Analgetika nicht sinnvoll.
- Patienteninformationsflyer der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft
- Leitlinie von 2012
- Diagnosekriterien der International Headache Society
[1] 13.1.1 Trigeminal neuralgia – ICHD-3
[2] Pschyrembel Online | Trigeminusneuralgie
[3] Maarbjerg S, Di Stefano G, Bendtsen L, Cruccu G. Trigeminal neuralgia – diagnosis and treatment. Cephalalgia. 2017;37(7):648-657. doi:10.1177/0333102416687280
[4] Kilinskaitė, Gerda, Reda Vaičiūnaitė, and Gintaras Janužis. „Trigeminal neuralgia relationship with depression syndrome.“ IHS [International Health Sciences] Conference: abstract book [29-30 April] 2021/Students‘ Scientific Society of Lithuanian University of Health Sciences;[Edited by Gabrielė Jakuškaitė]. Kaunas: Lithuanian University of Health Sciences, 2021. 2021.
[5] Mačianskytė, Diana, et al. „Associations between chronic pain and depressive symptoms in patients with trigeminal neuralgia.“ Medicina 47.7 (2011): 386.
[6] Wu, TH., Hu, LY., Lu, T. et al. Risk of psychiatric disorders following trigeminal neuralgia: a nationwide population-based retrospective cohort study. J Headache Pain 16, 64 (2015). https://doi.org/10.1186/s10194-015-0548-y
[7] Dong, B., Xu, R., & Lim, M. (2023). The pathophysiology of trigeminal neuralgia: a molecular review, Journal of Neurosurgery (published online ahead of print 2023). Retrieved Jul 7, 2023, from https://doi.org/10.3171/2023.2.JNS23274
[8] Yao, Yuzhi MD∗; Chang, Bowen MD, PhD†; Li, Shiting MD, PhD†. Relationship of Inflammation With Trigeminal Neuralgia. Journal of Craniofacial Surgery 31(2):p e110-e113, March/April 2020. | DOI: 10.1097/SCS.0000000000005879
[9] Ericson, Hansa,*; Abu Hamdeh, Samia; Freyhult, Evab; Stiger, Fredrikc; Bäckryd, Emmanueld; Svenningsson, Anderse; Gordh, Torstenc; Kultima, Kimb. Cerebrospinal fluid biomarkers of inflammation in trigeminal neuralgia patients operated with microvascular decompression. PAIN 160(11):p 2603-2611, November 2019. | DOI: 10.1097/j.pain.0000000000001649
[10] ll_58_2012_trigeminusneuralgie_archiviert.pdf (dnvp9c1uo2095.cloudfront.net)
[11] Edwards JW, Shaw V. Acupuncture in the management of trigeminal neuralgia. Acupuncture in Medicine. 2021;39(3):192-199. doi:10.1177/0964528420924042
[12] Chung-Chih Liao, Cheng-Li Lin, Ke-Ru Liao & Jung-Miao Li (2020) Long-Term Beneficial Effects of Acupuncture with Reduced Risk of Depression Development Following Trigeminal Neuralgia: A Nationwide Population-Based Cohort Study, Neuropsychiatric Disease and Treatment, 16:, 2961-2973, DOI: 10.2147/NDT.S284857
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